Biancomangiare / Blanc manger
MilchpuddingZutaten
- 200 g Mandeln (süß)
- 1000 ml Wasser
- 250 ml Milch
- 150 g Zucker
- 125 g Speisestärke (Kartoffel) alternativ auch aus Mais oder Weizen
- 1 Zitrone zum Kochen in der Masse
- 0,5 Zitrone zum Garnieren; fakultativ
- 2 EL Pistazien zum Garnieren; ohne Schale, ungesalzen u. ungeröstet; fakultativ
Anleitung
- Mit 200 g Mandeln, 1000 ml Wasser und 80 g Zucker gemäß unseres Rezepts Mandelmilch herstellen.
- Von 1 Zitrone die Schale möglichst spiralförmig in wenigen Stücken abschälen.
- Die Mandelmilch, (Kuh-)Milch, den restlichen Zucker (70 g), Speisestärke und die Zitronenschale nacheinander in einen Topf geben und bei niedriger Hitze mit einem Holzlöffel rührend köcheln. Von Beginn an mit dem Löffel rühren, denn die Masse brennt leicht an. Nach 1 bis 2 Minuten bindet die Masse, doch insgesamt ca. 10 Minuten emsig rührend köcheln, bis die Masse etwas eingedickt ist (sie bleibt dann leicht am Löffel oder dem Topfrand kleben).
- Zitronenschale entfernen.
- Die angedickte Masse in Portionsförmchen (s.u.) geben, auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und dann für mindestens 6 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
- Ggf. vor dem Servieren von 0,5 Zitrone mit einem Zestenreißer die Schale entfernen und die Pistazien hacken (oder gleich granella kaufen).
- Die Förmchen auf Servierteller stürzen (s.u.) und Zistronenzesten und Pistazien über das Dolce geben.
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Rezept-Hinweise
Barone de Grecis (Cantine de Falco)
Zu diesem Pudding schmeckt ein süßer Moscato. Durch seine angenehme Säure wirkt er frisch und lässt den Pudding leichter erscheinen .
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Nährwerte
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Biancomangiare könnte man mit weiß essen übersetzen, und tatsächlich geht es bei dieser Speise primär um die Farbe. Die Zutaten und auch die Geschmacksrichtung – süß oder salzig – sind relativ egal. Hauptsache weiß. Warum? Biancomangiare ist ein sehr altes Gericht und wurde schon im Mittelalter gespeist. Damals spielte Farbsymbolik u.a. auch beim Essen eine große Rolle, und Weiß stand symbolisch für Reinheit, Unschuld, Wahrheit und Frieden.[1]
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Ein Beispiel? Der “Gang nach Canossa”. Wir alle kennen die Redewendung, die andeutet, dass jemand einem anderen Abbitte leisten und seine Reue zeigen muss. So ging es im Januar 1077 dem fränkischen Salier-König Heinrich IV., der sich mit Papst Gregor VII. zerstritten hatte und, um seine Krone zu retten, sich diesem unterwerfen musste. Heinrich trat also den sprichwörtlich gewordenen, schweren Gang nach Canossa (in der Emilia-Romagna) an, wo sich der Papst aufhielt, und erhielt von diesem die Absolution. Den wieder hergestellten Frieden feierte man mit einem Festmahl, bei dem unter den mehr als 20 Gängen auch Biancomangiare (in einer salzigen Version) gespeist wurde[2], mit dem in diesem Fall vielleicht “die Reinheit des reuigen und geplagten Herzens”[3] Heinrichs symbolisch auf den Tisch kam. Allerdings waren farblich Ton in Ton gehaltene Speisen nicht immer so symbolisch aufgeladen. Man freute sich ganz einfach auch am Farbspiel solcher Speisen.
Wohl das älteste schriftlich erhaltene Rezept für Biancomangiare stammt aus dem um 1310 verfassten Liber de coquina, einem zweiteiligen (Tractatus u. Liber de coquina) auf Latein verfassten Kochbuch. Beide an der Abfassung des Werks beteiligte Autoren notierten ein Rezept für Biancomangare:
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Robert Maier: Der Liber de Coquina. Herkunft und Nachwirkung des ältesten erhaltenen Kochbuchs des europäischen Mittelalters, Freising 2012, S. 17
Page URL: https://www.academia.edu/1723548/Der_Liber_de_Coquina
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Page URL: https://archive.org/details/operavenetiascap00scap/page/n923/mode/2up
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Hühnerfleisch, (Mandel-)Milch, Reismehl, Mandeln und Zucker waren also die Hauptzutaten für dieses süß-salzige Gericht, für das es im Liber sogar eine Fasten-Variante gibt, bei der Hühnerfleisch und Speck ersetzt werden durch weißes Fleisch von Fischen (z.B. Hecht) oder Fröschen. Biancomangiare war auch in den folgenden Jahrhunderten ein beliebtes Gericht und wurde immer weiterentwickelt. Beispielsweise ersetzte Maestro Martino 1456/1467 das Hühnerfleisch durch das des feineren Kapauns. 1570 war Biancomangiare so populär, dass Bartolomeo Scappi in seiner Opera sogar die Zubereitung des Gerichts in einer Abbildung zeigte.
Im Laufe der Zeit entfiel aber die Kombination mit Fleisch und übrig blieb ein süßes Gericht, das nach wie vor aus farblich weißen Zutaten besteht. Erhalten hat sich meist die Mandel-Komponente, die uns auch Pellegrino Artusi in seiner Scienza vorstellte und nach dessen Rezept (Nr. 681) meist heute noch im Großen und Ganzen Biancomangiare hergestellt wird: Mandeln werden im Mörser zerstampft, durch Zugabe von Wasser entsteht Mandelmilch, die dann zusammen mit Milch oder Sahne, Zucker und einem Andickungsmittel (Artusi benutzte Fischgelatine) erhitzt wird.
Im Detail unterscheiden sich die Zubereitungsarten aber dennoch ein wenig. Dies ist zunächst einmal lokal bedingt. Biancomangiare wird in Italien in verschiedenen Regionen geschätzt, doch als “Hotspots” gelten Sizilien und das Aostatal, zwei weit voneinander entfernte Gebiete also. Im Aostatal scheint der französische Einfluss durchzuschlagen. Dort nennt man das Gericht meist blanc manger, und es gibt in der Tat eine These, die von einem französischen Ursprung des Dolce ausgeht. Auch im oben genannten Liber de Coquina aus dem 14. Jh. benutzte der Autor den französischen Namen und erklärte diesen. Dem steht die These gegenüber, Biancomangiare sei in Sizilien entstanden, wo ab dem 9. Jh. v. Chr. von den Phöniziern u.a. Mandeln eingeführt wurden. Der renommierte Mandelanbau um die sizilianischen Städtchen Avola und Noto ist denn auch wohl der Grund dafür, dass man in Sizilien, das Biancomangiare auch als PAT-Produkt registriert hat, grundsätzlich Mandelmilch zur Herstellung des Dolce benutzt. Nicht so im Aostatal: Dort bereitet man teilweise Biancomangiare mit Mandelmilch zu, teilweise ersetzt man diese aber auch durch die Milch der heimischen Kühe oder fügt mehr Sahne hinzu. Mandeln fehlen dann also völlig, und eigentlich ist ein solches blanc manger dann zwar noch in der Farbe weiß, doch im engeren Sinne kein solches mehr, denn Mandeln gehören seit dem Liber de Coquina zu den Grundzutaten eines Biancomangiare. Eigentlich handelt es sich dann um eine Panna cotta, die zwar auch sehr lecker (und zudem weiß) ist, aber eben kein blanc manger ist.
Unterschiedliche Zubereitungsarten sind aber nicht nur durch lokale Traditionen zu erklären, sondern bilden sich auch so im Laufe der Zeit aus. Der Eine fügt ein wenig Zimt hinzu, der Andere ein wenig Vanille. Weitere Möglichkeiten zur Verfeinerung sind auch ein kleines Gläschen Marsala oder – ziemlich exquisit – Orangenblütenwasser. Es spricht nichts dagegen, die von uns gekochte Grundversion mit solchen Zutaten zu verfeinern, doch sollte man nicht gleich alle Möglichkeiten nutzen, sondern einen Akzent setzen. Wir haben die sizilianische Basis-Version gekocht und die Masse nicht weiter angereichert, sondern nur mit etwas Zitronenzesten und Pistazien garniert, was nicht nur hübsch aussieht, sondern auch noch geschmacklich einen Akzent setzt.
Bezüglich Verfeinerungsmöglichkeiten sollte man auch bedenken, dass Biancomangiare eben keine Panna cotta ist, und deshalb die Differenz beachten. Vanille und Karamellsauce passen besser zu Panna cotta, zu Panna cotta Sahne und zu Biancomangiare Milch, und vor allem benutzt man bei Biancomangiare in der Regel nicht Gelatine zum Andicken, sondern Speisestärke.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Mandelsulz. So übersetzte man früher Blanc manger ins Deutsche. Mit dem heute aus dem Gebrauch gekommenen Begriff meinte man tatsächlich das Gleiche wie mit Blanc manger, doch man dickte es (im Gegensatz zum Biancomangiare) nicht mit Speisestärke, sondern mit Gelatine an. Der Name Mandelsulz macht deutlich, dass tatsächlich Mandeln ein tragender Bestandteil des Gerichts waren, was bei Biancomangiare, wie wir gesehen haben, zwar meist, aber nicht zwingend der Fall ist.
Theoretisch kann man für Biancomangiare natürlich auch andere weiße Lebensmittel verwenden. Bei unseren Recherchen sind wir auf ein Rezept gestoßen, bei dem weiße Schokolade und Jasminblüten Verwendung finden[4], und das wir unbedingt nachkochen möchten in der Hoffnung, dass sich unserer sommerlicher Lieblingsduft auf die Speise übertragen möge. Nur: Woher Jasminblüten nehmen? Selbst im Hochsommer findet sich in Deutschland kein Echter Jasmin (Jasminum officinale). Ob es mit Falschem Jasmin (Philadelphus coronarius) geht? Der ist zwar teilweise in Deutschland verbreitet[5], doch von einem Genuss wird explizit abgeraten.[6] Vielleicht wissen unsere biologisch versierten LeserInnen Rat?
Für den Fall, dass das Stürzen aus den Förmchen nicht gut klappt, noch zwei Tipps. Zum einen kann man (sofern die Ränder der Form glatt und nicht geriffelt sind) vor dem Stürzen mit einem Messer vorsichtig am Rand entlangfahren, um das Dessert aus der Form zu lösen. Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung von biegbaren Förmchen aus Silikon oder auch (nicht so nachhaltig) Aluminium. Aus diesen lässt sich Biancomangiare besser befreien.
Hier findest du mehr Rezepte aus Sizilien und aus dem Aostatal.
- Vgl. Hannelore Sachs, Ernst Badstübner u. Helga Neumann: Erklärendes Wörterbuch zur christlichen Kunst, Leipzig/Ost-Berlin 1973, S. 130 sowie Gerd Heinz-Mohr: Lexikon der Symbole, Bilder und Zeichen in der christlichen Kunst, Düsseldorf/Köln 1976, S. 100↵
- Vgl. https://www.taccuinigastrosofici.it/ita/news/medioevale/personaggi-celebri/Matilde-di-Canossa-e-il-banchetto-di-riconciliazione.html (Letzter Zugriff: 14.12.23)↵
- https://www.aifb.it/cultura-enogastronomica-italiana/piatti-tradizione-italiana/giornata-nazionale-della-morte-matilde-canossa-biancomangiare/ (Letzter Zugriff: 14.12.23)↵
- Vgl. https://www.lamiacameraconvista.com/2015/06/12/biancomangiare-al-gelsomino-e-cioccolato-bianco/ und https://zagaraecedro.it/2014/10/biancomangiare-al-gelsominoricetta.html (Letzter Zugriff: 14.12.23)↵
- Vgl. https://floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=4212 (Letzter Zugriff: 14.12.23)↵
- Vgl. https://www.naturadb.de/pflanzen/philadelphus-coronarius/ (Letzter Zugriff: 14.12.23). Ebenso Rezept 1 in Anm. 4↵