Cantuccini
Mandelplätzchen aus PratoZutaten
- 500 g Weizenmehl (405 / 00)
- 300 g Zucker
- 250 g Mandeln (süß) ungeschält
- 3 Eier
- 1 Eigelb
- 1 TL Anissamen fakultativ
- 1 Prise Salz
- 7.5 g Backpulver ein Tütchen enthält ca. 15 g; fakultativ (siehe unten)
- 4 g Vanillezucker ein Tütchen enthält ca. 8 g; fakultativ (siehe unten)
Anleitung
- Backofen auf 180 ° vorheizen.
- Mandeln auf einem Backblech ohne Fett verteilen und ca. 8 Minuten rösten.
- Eier und Eigelb mit dem Zucker in einer Schüssel schaumig schlagen.
- In das Mehl eine Prise Salz und den Anissamen geben (ggf. auch Backpulver und Vanillezucker) und sodann mit der Zucker-Ei-Mischung zu einem Teig verkneten.
- Erst zum Schluss die (ungeschälten!) Mandeln einarbeiten.
- Den fertigen Teig in zwei Hälften teilen und jede Hälfte zu einer ca. 4 cm dicken Rolle ausrollen.
- Die beiden Rollen auf ein Backpapier und dieses auf ein Backblech legen und ca. 25 bis 30 Minuten im Ofen bei 180 ° backen.
- Die beiden Mandelrollen aus dem Ofen nehmen und etwas abkühlen lassen.
- Mit einem scharfen Messer die Rollen leicht diagonal in ca. 1 cm breite Scheiben schneiden.
- Die Scheiben liegend auf dem Backblech verteilen und noch einmal 10 bis 15 Minuten backen, bis sie golbbraun, aber nicht zu dunkel sind.
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Rezept-Hinweise
Vinsanto 0,5 l 2005 (Pietrafitta)
Zu den Cantuccini braucht man einen Vinsanto. In der Toskana ist es Tradition, die Cantuccini in den Wein zu stippen. Das sieht zwar nicht gerade vornehm aus - aber schmeckt himmlisch!
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Nährwerte
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Mit dem Begriff Cantuccini (den ich nachfolgend als Oberbegriff verwende) verbindet (fast) jeder die italienischen Mandelplätzchen, die unter diesem Namen weltweit geschätzt werden. Aber es gibt viele Namen für diese Art von Gebäck, und eigentlich waren Cantuccini ursprünglich auch etwas ziemlich Anderes als das, was sie heute sind. Versuchen wir also ein wenig Klarheit in die Geschichte der Cantuccini zu bringen.
Cantuccini, Cantucci, Biscotti di Pisa, Biscottini alla genovese, Biscotti di Prato, Biscotti di Mattonelle, Tozzetti, Ghiottini, Quaresimi meinen heutzutage mehr oder weniger das Gleiche, nämlich Plätzchen, deren Teig mit Ei hergestellt wird, die ganze Mandeln enthalten und die doppelt gebacken werden. Dieses doppelte Backen – zunächst als Laib, dann in Scheiben aufgeschnitten – hat übrigens, nebenbei bemerkt, den Sinn, den Plätzchen Feuchtigkeit zu entziehen und sie damit trockener und länger haltbar zu machen. Und weil sie dadurch eben etwas “trocken” schmecken, trinkt man sie gern mit einem Gläschen Vin Santo, einem toskanischen Dessertwein, in die man sie sogar eindippen darf. Das kann zu verschiedenen Tageszeiten geschehen: Am Morgen zum Frühstück, am Nachmittag als merenda (kleine Stärkung zwischendurch) oder am Abend als Dessert eines Menüs. Doch zurück zur Geschichte der Cantuccini. Die heutigen Cantuccini (oder Cantucci – siehe unten) waren ursprünglich doppelt gebackene Plätzchen, also biscotti (dt. Plätzchen), was wörtlich übersetzt so viel wie zusätzlich (noch einmal) gebacken (it. bis ≈ dt. zusätzlich; it. cotto ≈ dt. gebacken) bedeutet. Die Vorgänger der heutigen Cantuccini bestanden allerdings aus einem brot-ähnlichen Teig, der oft mit Anis und/oder Fenchel versetzt wurde.[1] Und sie waren noch nicht süß, enthielten also keinen Zucker. Dieser war früher sehr, sehr teuer und fand erst mit dem Zucker-Boom, ausgelöst durch die ersten Importe von Zuckerrohr aus Nordafrika und Übersee, im beginnenden 16. Jahrhundert, seinen Weg in die Plätzchen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren gesüßte Plätzchen am Hof der Medici in Florenz bereits bekannt. Doch auch diese Plätzchen enthielten zunächst weder Ei noch Mandeln, sondern waren lediglich eine mit Zucker gesüßte Variante des Gebäcks. Mit dem Süßen durch Zucker war allerdings der erste Schritt in Richtung der heutigen Cantuccini getan, auch wenn die Plätzchen damals noch unter dem Namen Biscotti di Pisa bekannt waren, denn dort befand sich das Zentrum der damaligen Cantuccini-Produktion.
Bildinfo
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Die Mandel und vermutlich auch das Ei fanden schließlich vielleicht durch Caterina de’ Medici (1519-1589), die als naschhaft (ghiotta) bekannt war, ihren Weg in die Cantuccini. Aber auch dann gehörten die Mandeln noch nicht zu den Standard-Zutaten der Cantuccini, denn in der 1691 erschienen Auflage des Wörterbuchs der Accademia della Crusca[2] wird das Plätzchen definiert als ein in Scheiben geschnittenes doppeltgebackenes Plätzchen aus Mehl, mit Zucker und Eiweiß[3] – die Mandeln scheinen erst im ausgehenden 18. Jahrhundert eine größere Bedeutung als Zutat der Cantuccini erlangt zu haben. Eines der ersten Rezepte, die in etwa der heutigen Rezeptur (also mit Mandeln) entsprechen, stammt handschriftlich von dem Gelehrten Amadio Baldanzi (1705-1789) aus Prato, der die Plätzchen allerdings Biscottini alla genovese (also aus Genua) nannte. Damals verlagerte sich auch das Zentrum der Cantuccini-Produktion von Pisa (in der westlichen Toskana) nach Prato (in die nord-östliche Toskana), wodurch sich auch der noch heute gebräuchliche Name Biscotti di Prato erklärt. Die Stadt Prato brachte zudem noch einen weiteren Namen für das Gebäck hervor, nämlich den der Biscotti di Mattonella: Ein Bäcker namens Antonio Mattei eröffnete 1858 in Prato eine Bäckerei, in der er u.a. Cantuccini (nach heutiger Rezeptur, allerdings ohne Fett) herstellte. Mattei hatte damit großen Erfolg, der sich u.a. auch darin zeigte, dass es ihm gelang, 1867 auf der Pariser Weltausstellung eine Auszeichnung für seine Cantuccini zu erlangen. Da nun das Gebäude der Bäckerei Matteis in Prato von außen mit Kacheln (it. mattonelle) verkleidet war, vermutet man, das der damals für Cantuccini gebräuchliche Name Biscotti di Mattonelle von dieser Wandverkleidung abgeleitet wurde. Jedenfalls scheint die Bezeichnung Mattonelle noch heute in Prato gebräuchlich zu sein. Von den anderen eingangs genannten Bezeichnungen werden heute neben Cantuccini / Cantucci noch Biscotti di Prato, Tozzetti (wie man sie u.a. in Siena nennt), Ghiottini und Quaresimi mehr oder minder häufig benutzt. Angesichts der Geschichte der Plätzchen scheint die Bezeichnung Biscotti di Prato am angemessensten, doch geläufiger ist der Name Cantuccini, die ich aus diesem Grunde hier auch selbst benutze.
Die Namensvielfalt deutet schon darauf hin, dass es Cantuccini in verschiedensten Varianten gibt. Die Zutaten der klassischen Biscotti di Prato des 19. Jahrhunderts habe ich bei obigem Rezept zu berücksichtigen versucht, aber davon gibt es natürlich viele Abweichungen. Eine Abweichung habe ich selbst vorgenommen: Oft werden Mehl und Zucker im Verhältnis 1:1 benutzt, was mir jedoch einfach zu süß ist. Ein weiterer Unterschied zeigt sich oft hinsichtlich der Nussform: Neben Mandeln kommen manchmal auch Haselnüsse in die Plätzchen, so in Umbrien und Latium, manchmal ergänzend auch PinienkerneVgl. ausführliche, bebilderte Lebensmittelinfo-Seite Pinienkerne; im toskanischen Massa Marittima fügt man Zitronenschale hinzu, andernorts auch Orangenschale. Mitunter benutzt man für den Teig auch Backpulver oder Fette, um den Teig ein wenig lockerer zu machen, teilweise werden auch weitere Aromen, z.B. Vanillezucker, hinzugesetzt. Selbst die Nachfolger der traditionsreichen Bäckerei Mattei in Prato, die Familie Pandolfini[4], bieten heute Cantuccini mit Schokoladenstücken an und tragen damit (positiv formuliert) zur Geschmacksvielfalt bei – oder (negativ formuliert) betreiben damit fahrlässig Hilfestellung bei der Kommerzialisierung und Relativierung eines historischen Produkts, das eigentlich keiner “Verbesserung” bedarf. Dass das italienische Wikipedia diesen Hersteller nun ausgerechnet als “Bewahrer der Cantuccini-Tradion”[5] feiert, verwundert schon etwas.
Der Name der Cantuccini hilft bei der Klärung der Geschichte der Plätzchen nicht viel weiter, weshalb ich die Namensfrage hier gesondert behandle. Cantuccini ist zunächst einmal das Diminutiv (die Verkleinerungsform) von Cantuccio, wie die Plätzchen auch genannt werden. Darin wiederum glaubt man das Wort canto erkennen zu können, was u.a. Ecke (eines Hauses, eines Möbels o.ä.) bedeutet. Cantuccini sind insofern also Eckchen, wobei der Name vielleicht auf eine früher rechteckige Form des Gebäcks anspielt – zumindest gab es im Alt-Provenzialischen bzw. Alt-Französischen einen Begriff c(h)antel, mit dem in rechteckige Form geschnittenes Brot benannt wurde.[6] Desweiteren gibt es eine ergänzende Theorie, nach der man den Namen der Cantuccini von dem lateinischen Begriff cantellus ableitet, was Schreibe Brot oder Stück Brot bedeutete.[7] Der Name Tozzetti hingegen ist abgeleitet von tozzo, womit man ein schlecht geschnittenes, altes, vertrocknetes Stück Brot bezeichnet. Die Bezeichnung Ghiottini ist die substantivierte Verkleinerungsform des Adjektivs ghiotto, was naschaft, gierig, schmackhaft bedeutet – den Begriff hatte ich oben schon im Zusammenhang der Charkaterisierung Caterina de’ Medicis benutzt. Der Name Quaresimi schließlich ist von Quaresima abgleitet, was Fastenzeit heißt.
Damit angedeutet ist schon der Verwendungszusammenhang der Cantuccini. Während in der Toskana und in angrenzenden Regionen Cantuccini vornehmlich ein Weihnachtsgebäck waren (und sich heute angesichts der ganzjährigen Verfügbarkeit und riesigen Produktionsmengen von diesem Kontext weitgehend gelöst haben), so macht der Name Quaresimi deutlich, dass Cantuccini auf Sizilien als Gebäck gilt, das man während der Fastenzeit konsumieren darf. Ein und dasselbe Gebäck kann also ganz unterschiedliche Funktionen hinsichtlich seiner Nutzung aufweisen.
In der gesamten Toskana sind die Cantuccini seit 2016 als IGP-Produkt anerkannt und müssen u.a. mindestens 20 % Mandelanteil (bezogen auf das Gewicht des Endprodukts) haben.
Das Thema Cantuccini ist auch ein Lehrstück für den Stellenwert der Esskultur in Italien. Zahlreiche Publikationen[8] beschäftigen sich mit der Geschichte der Cantuccini – allein die wohl zuletzt erschienene größere Publikation von Marco Ferri umfasst 126 Seiten.[9] Hierzulande scheint mir hingegen das Forschungsinteresse am deutschen Christstollen oder Spekulatius eher weniger ausgeprägt, was am Stellenwert, den wir unserer Ernährung beibemessen, liegen kann, oder aber auch am Wohlgeschmack unserer Gerichte und Produkte …
Da die Kekse sehr trocken sind, kann man sie auch in größeren Mengen gut auf Vorrat produzieren und dann in Blechdosen aufbewahren.
Hier findest du mehr Rezepte aus der Toskana.
- Vgl. http://www.marcoferri.info/pubblicazioni/libri-come-autore/la-vera-storia-dei-cantucci-e-dei-biscotti-di-prato/ (Letzter Zugriff: 03.01.16; wohl seit Mai 2018 nicht mehr online)↵
- Die Accademia della Crusca war und ist eine bekannte Gesellschaft zur Pflege der italienischen Sprache. (Letzter Zugriff: 03.01.16)↵
- “Biscotto a fette, di fior di farina, con zucchero e chiara d’uovo” (vol. II, s. v. cantuccio, al num. 5), zit. n.: http://magazine.padiglioneitaliaexpo2015.com/it/rubriche/le_parole_del_gusto/127a (Letzter Zugriff: 03.01.16, z.Z. wohl nicht online)↵
- Vgl. http://www.cronachedigusto.it/presidi-slow-food/12306-antonio-mattei-la-storia-dei-cantuccini.html (Letzter Zugriff: 03.01.16)↵
- “la depositaria della tradizione dei cantucci” heißt es auf https://it.wikipedia.org/wiki/Cantuccio. (Letzter Zugriff: 03.01.16)↵
- Vgl. Anm. 3↵
- Vgl. http://www.assocantuccini.org/ (Letzter Zugriff: 03.11.16)↵
- Eine gute Literaturübersicht findet sich in der unter Anm. 3 genannten Quelle.↵
- Vgl. Anm. 1. Dort auch eine Zusammenfassung des Buches.↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
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