Finanziera

Ein Klassiker ist Finanziera, ein Gericht mit i.w.S. Innereien auf piemontesische Art, das auch heute noch Kult-Status genießt, aufgrund seiner Zutaten (Hahnenkämme, Kalbshoden ...) allerdings nicht von jedem geschätzt wird.

Finanziera

Innereien auf piemontesische Art
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Küche Piemont
Menge (Standard) 8 Portionen
Menge (anpassbar) 8 Portionen
Vorbereitungszeit 10 Minuten
Kochzeit 1 Stunde 10 Minuten
Arbeitszeit gesamt 1 Stunde 20 Minuten
Kalorien 423 kcal

Zutaten

Anleitung

  • Kalbsbries, Kalbshoden, Hähnenkämme und Hahnenkehllappen ca. 20 Minuten in leicht gesalzenem Wasser kochen.
  • In einem zweiten Topf mit 1 EL Weinessig versetztes Wasser zum Kochen bringen und darin das Kalbsrückenmark und das Kalbshirn überbrühen.
  • Das Häutchen des Kalbsbries abziehen.
  • Das bislang bearbeitete Fleisch sowie das Fleisch aus der Kalbskeule in mundgerechte Stücke schneiden.
  • 20 g Butter in einer großen Pfanne erhitzen und das Fleisch darin 20 Minuten mit bedecktem Deckel schmoren. Leicht salzen.
  • Kalbsgehacktes mit Ei, Grana padano und etwas Salz und Pfeffer vermengen und in nussgroße Mini-Frikadellen formen. Diese mit 15 g Butter in einer Pfanne braten.
  • Die Steinpilze in dünne Streifen schneiden.
  • Die Mini-Frikadellen zusammen mit den Steinpilzen in die große Pfanne zu dem anderen Fleisch geben, 20 g Butter, 2 EL Essig, den Marsala und das Mehl hinzufügen und unter Rühren gut 5 Minuten kochen, bis die Sauce die richtige Konsistenz hat.
  • Warm servieren.

Rezept-Hinweise

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Nährwerte

Kalorien: 423 kcal | Kohlenhydrate: 21 g | Protein: 24 g | Fett (gesamt): 29 g | ges. Fettsäuren: 13 g | mehrfach unges. Fettsäuren: 1 g | einfach unges. Fettsäuren: 4 g | Cholesterin: 94 mg | Natrium: 577 mg | Kalium: 405 mg | Ballaststoffe: 1 g | Zucker: 3 g | Vitamin A: 445 IU | Vitamin C: 13 mg | Kalzium: 44 mg | Eisen: 2 mg

Meine Notizen

 

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Bildinfo

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gemuesefahne_55Die Eine lobt es in den Himmel und kann gar nicht fassen, dass das Leckere, was sie eben unwissentlich verspeist hat, Hahnenkämme waren[1], die Andere (ich!) zollt ihrem Interesse an der italienischen Küche Tribut und probiert pflichtschuldigst in einer piemontesischen Trattoria – und belässt es dann trotz Augenrollen des Kellners beim Probieren. Ja, es war eine kulinarische Erfahrung, die ich nicht missen möchte, aber selbst kochen mag ich das Gericht nicht. Doch es gehört zu den großen Gerichten der piemontesischen Küche, weshalb es hier nicht fehlen darf, wenngleich es von mir ungetestet ist.[2]

 

gemuesefahne_55Lässt man sich auf das Gericht ein, stößt man unweigerlich auf Beschaffungsschwierigkeiten. Die Zutaten liegen nicht schnell greifbar im Supermarkt oder beim Metzger herum, sondern man muss ein wenig lokal recherchieren, bis man fündig wird. Unverzichtbar für die Finanziera sind Hahnenkämme und Kalbsbries. Manchmal werden – in unser Rezept nicht aufgenommen – auch noch Nieren oder Hühnerleber benutzt. Der Verkauf von Rückenmark vom Rind ist übrigens in der EU aufgrund der BSE-Problematik verboten, doch Kalbsrückenmark darf verkauft werden, sofern das Schlachttier unter 12 Monaten alt ist. Häufiger werden dem Gericht etwas Erbsen und Essiggurken hinzugefügt.

 

gemuesefahne_55Fast ebenso breit wie die Liste der Zutaten sind die Möglichkeiten, Finanziera zu verzehren. Meist wird das Gericht als Secondo genossen, doch auch als Antipasto wird es häufig serviert. Mitunter findet sich auch ein Rezept, bei dem die Finanziera in Blätterteig (Vol-au-vent) eingeschlagen auf den Tisch kommt.

 

gemuesefahne_55Die ersten Spuren der Finanziera finden sich in dem Libro de arte coquinaria des Renaissance-Kochs Maestro Martino, das 1456/67 verfasst wurde. Maestro Martino kochte zwar schon mit Fleisch-Zutaten, die dem heutigen Gericht ähneln, würzte jedoch zeitgemäß noch mit Zucker, Agrest und Safran.

finanziera
Martinos “Finanziera”-Rezept
Maestro Martino: Libro de arte coquinaria
Seite 12v und 13r der Washingtoner Handschrift
Washington (Library of Congress, Medieval Manuscript No. 153)

Bildinfo

Page URL: https://www.loc.gov/item/2014660856/
File URL: https://www.loc.gov/resource/rbc0001.2017medren60856/?sp=28
Attribution: Library of Congress

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Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich das Gericht und war vor allem ein Gericht der Cucina povera, bei dem die weniger begehrten Fleischstücke eine Restverwertung fanden. Aus diesem bäuerlichen Umfeld löste sich Finanziera allerdings im 19. Jahrhundert, als das Gericht vor allem in der turiner Finanzwelt beliebt wurde, nach der es auch den Namen Fianziera erhielt. Die Banker und Finanzbeamten des 19. Jahrhunderts konnten sich sicherlich andere Fleischstücke leisten, schätzten jedoch den typischen Geschmack der Fianziera. Zeugnis der Nobilitierung der Finanziera ist die Aufnahme eines ähnlichen Rezepts unter dem Titel Salsa e ragout à la financière in den 1854 erschienenen Trattato di cucina des Giovanni Vialardi, seinerzeit Chefkoch unter den Königen Carlo Alberto und Vittorio Emanuele II am savoyer Hof. Vialardi kombinierte Hahnenkämme und Kalbsbries mit Trüffeln und Marsala.

vialardi finanziera
Vialardis “Finanziera”-Rezept
Giovanni Vialardi: Trattato di cucina, Turin 1854, S. 90

Bildinfo

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Attribution: gemeinfrei

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Fußnoten    (↵ zurück zum Text; ggf. geschlossenen Text zunächst öffnen)

  1. So bspw. Francine Segan in La Finanziera, in: Gastronomica, vol. 9, no. 3, 2009, pp. 22–24 (Letzter Zugriff: 22.03.23)
  2. Bekanntlich sind die Geschmäcker verschieden. So lecker die italienische Küche ist – manche Gerichte mögen wir ehrlich gesagt nicht. Andere sind äußerst aufwändig zu kochen. Als Kochblog, der nach Möglichkeit die ganze Breite der italienischen Küche abbilden will, stehen vor dann vor der Frage: Was tun? Grundsätzlich kochen wir alle Gerichte mindestens einmal selbst, bevor wir ein Rezept veröffentlichen. Aber ein Gericht kochen, ohne dass wir es später verspeisen? Oder es einfach unter den Tisch fallen und damit unberücksichtigt lassen? Oder (wie es modern zu sein scheint) einfach faken und so tun, als ob wir es gekocht hätten? Das ist nicht unser Stil und wäre ein Vertrauensbruch gegenüber unseren Besuchern. Deshalb entscheiden wir uns in einem solchen seltenen Fall manchmal für einen Kompromiss, wenn das Gericht für eine bestimmte Küche zu wichtig ist, als dass man das Rezept verschweigen dürfte: Wir recherchieren das Rezept dann genauso intensiv wie alle anderen, doch es bleibt von uns ungekocht. Dies trifft momentan 3 Rezepte (Bollito misto, Finaziera, Trippa alla fiorentina) von zur Zeit insgesamt 596 veröffentlichten Rezepten, ein mit 0,50336 % vertretbarer Prozentsatz, finden wir. Das Rezept für dieses Gericht ist also von uns ungetestet, doch wir sind sicher, dass unsere Recherchen zu einem nachkochbaren Gericht geführt haben, so dass derjenige, der es ausprobieren mag, das Rezept ohne Probleme kochen kann. Buon successo!

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
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