Der Sommer ist die Zeit der Gartenfeste (jedenfalls wenn das Wetter mitspielt…). Und warum nicht mal ein Gartenfest all’italiana veranstalten? Wir geben Tipps, wie ein solches Fest organisierbar wird und was man auftischen könnte.
Aber was heißt da all’italiana? Man muss nicht gleich den Trevi-Brunnen nachbauen oder ein Feuerwerk wie an Ferragosto veranstalten – selbstverständlich kann man das Fest durch Deko usw. italianisieren, doch im Zentrum stehen dabei natürlich Speis und Trank, und dabei denken wir in diesem Blog wie immer nicht an flüchige, zeitgeistige Genüsse und Moden, sondern an die klassische, traditionelle cucina italiana. Was also eignet sich aus der italienischen Küche besonders, um im Rahmen eines solchen Fests zum Einsatz zu kommen?
Fest-Theorie
Auch wenn es etwas trockener ist: Zunächst lohnt es sich, über die Rahmenbedingungen nachzudenken, vor allem über die Größenordnung bzw. den Aufwand des Festes, was vor allem durch zwei Faktoren bestimmt wird: Wie viele Personen werden teilnehmen und wie viele Gänge sollen angeboten werden? Um Letzteres zu konkretisieren: Sollen es nur ein paar Salate sein oder soll es ein komplettes Menü mit mehreren Gängen (von Antipasti über Primo und Secondo bis hin zum Dessert) werden, bei dem vielleicht sogar mehrere Speisen pro Gang zur Wahl stehen? Hat man dies entschieden, kann man in etwa den Aufwand erahnen, der auf einen zukommen wird. Bevor wir nun an die Feinarbeit der Planung gehen, ist dem Aufwand gegenüberzustellen, was man personell in der Lage zu leisten ist. Genauer: Wie viel Arbeit kann man in der bis zum Fest zur Verfügung stehenden Zeit leisten? Was macht man selbst, was kauft man von externen Anbietern hinzu? Hat man sich hierüber Gedanken gemacht, kann man auch die folgenden Entscheidungen einfacher treffen. Hat man beispielsweise nur wenige Gäste und plant ein mengenmäßig überschaubares Menü auf den Tisch zu bringen, kann man vielleicht eher in Erwägung ziehen, auch warme Speisen einzuplanen, womit wir bei einer neuen Überlegung wären: In jedem Fall ist zu bedenken, dass nicht alles von langer Hand vorbereitet, beiseite gestellt und zum entsprechenden Zeitpunkt serviert werden kann. Manche Speisen kann man vorbereiten und dann z.B. durch Einfrieren über einen gewissen Zeitraum konservieren, doch manche Dinge, wie etwa das Anrichten von Salaten, das Schneiden von frischem Brot oder das Erwärmen von Speisen, müssen zwingend kurz vor dem Fest bzw. sogar während des Festes durchgeführt werden. Insofern ist nicht nur die Gesamtkapazität der von uns erbringbaren Arbeit abzuschätzen, sondern auch der Zeitpunkt, wann etwas zu tun ist.
Fangen wir mit dem Positiven an: So ziemlich alles ist machbar. Ist man nicht gerade voll berufstätig (und zudem mit Überstunden gut zugepackt) und hat Lust auf’s Kochen, kann man durchaus ein größeres Gartenfest organisieren. Die gute Botschaft bzw. meine eigene, erst kürzlich gemachte Erfahrung ist: Ein Fest mit komplettem Menü und mehreren Speisen pro Gang, einschließlich warm servierter Primi und Secondi und ohne externe Unterstützung durch einen Caterer o.ä. ist für maximal 20 Personen möglich, stellt aber gewissermaßen auch die Maximalgrenze des Leistbaren dar. Voraussetzung sind lediglich
eine realistische Einschätzung dessen, was man möchte, und dessen, was man selbst zeitlich zu erbringen in der Lage ist (siehe Kasten Fest-Theorie)
Überlegungen hinsichtlich möglicher Gerichte und wie man diese zeitlich am besten organisiert.
Hierzu soll mein Beitrag helfen. Gehen wir also Schritt für Schritt ein mögliches Menü durch und orientieren uns dabei vielleicht an meinem kürzlich für 20 Personen aufgetischten Menü.
Beginnen wir mit den Aperitivi. Diese (meist alkoholischen) Appetitanreger sind in Deutschland nicht so bekannt, lohnen aber ungemein: nicht nur um den Hunger der Gäste zu fördern, sondern auch weil sie super lecker schmecken. Ob man nun einen traditionsreichen Marken-Aperitivo wie Campari (Bitter aus Mailand, seit ca. 1860), Martini (Vermuth aus Turin, seit 1863), Cinzano (Vermuth aus Turin, seit 1757), Cynar (Artischocken-Bitter aus Padua, seit 1948), Aperol (Bitter aus Padua, seit 1919) oder Crodino (alkoholfrei, aus Crodo/Piemont, seit 1965) serviert oder aber einen der klassischen Cocktails wie Bellini, Tintoretto, Mimosa, Negroni, Spritz, Americano, Cynar-Grapefruit usw., das bleibt letztlich Geschmacksache. Vom Arbeitsaufwand sind natürlich fertige Marken-Aperitivi vorzuziehen, doch auch Cocktails lassen sich schnell zusammenzaubern. Nur sollte man die Anzahl der angebotenen Cocktails übersichtlich halten, um nicht schon in der Frühphase des Festes -zig verschiedene Zutaten bereitstellen zu müssen.
Die Antipasti sind der Gang, der sich am besten für ein größeres Fest eignet. Dies deshalb, weil sich sehr viele Antipasti zeitlich vorproduzieren und dann bis zum Zeitpunkt des Festes einfrieren lassen, so dass man sie am Tag des Festes nur noch auftauen und auf Platten verteilen muss. Ob dies nun Caponata siciliana, Bocconcini ai pomodorini, Pallotte cacio e uova oder Mousse di tonno e ricotta sind – es klappt mit allen, und weitere findet ihr unter dem Schlagwort Fingerfood auf diesem Blog. Allerdings sollte auch etwas Frisches dabei sein – wir haben uns für Zucchini con mousse di mortadella entschieden. Nur sollte man auch nicht zu viel Frisches einplanen, denn “frisch” bedeutet, dass das Gericht in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Fest vorzubereiten ist, und da ist eh viel zu tun. Vorproduziert sind auch die klassischen in Öl eingelegten Gemüse, die man in Italien so schätzt. Im Blog vorgestellt haben wir bereits solche Antipasti mit Artischocken, Tomaten und Auberginen, nämlich Carciofi sott’olio, Pomodori secchi sott’olio und Melanzane alla scapece. Diese sott’oli kommen immer gut an, müssen aber zeitlich gut eingeplant werden, denn sie sollten möglichst vier Wochen vor dem Fest produziert werden, um ziehen und Geschmack entfalten zu können; weitere Alternativen unter dem Schlagwort Sott’olio. Crostini, also gerösteten Landbrotscheiben, die mit Aufstrichen bzw. Auflagen versehen werden, sind ein beliebter und leckerer Antipasto, doch sie schmecken nur dann, wenn das geröstete Brot wirklich knusprig ist. Es muss also unmittelbar vor dem Kommen der Gäste geröstet (und belegt) werden, und das klappt nur, wenn die Anzahl der Gäste übersichtlich ist und nicht noch viele weitere Dinge im letzten Moment zu tun sind. Will man unbedingt etwas Brotartiges anbieten, so bieten sich eher Tramezzini an, die allerdings eigentlich eher als Spuntino und nicht als Antipasto gegessen werden.
Kommen wir zu den Primi, dem ersten Gang, der in Italien vor allem eine sättigende Funktion hat. Dies versucht man bekanntlich vor allem mit Nudeln oder Reis zu erreichen. Risotti eignen sich wenig für ein Fest, da sie in der Kochphase ständig gerührt werden müssen und nicht gut wieder aufgewärmt werden können. Ähnliches gilt für die meisten Pasta-Gerichte, denn wie will man es logistisch hinbekommen, auf dem Herd einer Kleinfamilie punktgenau für 20 Personen Pasta al dente zu garen und dann auch noch warm zu servieren? Nudeln fielen also auch aus – wenn da nicht die Nudelaufläufe wären, die man natürlich auch in Italien kennt und die uns in diesem Fall retten. Denn so kann man die Soße schon Tage vorher und die Nudeln selbst frühzeitig am Tag des Festes kochen und schiebt das Ganze erst dann zum Erwärmen in den Backofen, wenn der erste Gang ansteht. Eignen tun sich also alle Nudelgerichte, deren Fertigstellung im Ofen erfolgt. Damit kommen z.B. Klassiker wie Lasagne oder Cannelloni in verschiedensten Varianten in Frage, aber auch unbekanntere Gericht wie Orecchiette alla Sant’Oronzo, Riggidanella oder Pasta ‘ncasciata. Ein Tipp am Rande: Damit die Nudeln nicht zu matschig werden, sollte man sie zuvor nur etwa gut dreiviertel ihrer eigentlichen Kochzeit kochen, denn sie garen ja auch noch während des Backens im Ofen.
Aber es müssen auch nicht immer Nudeln sein, auch etwas gehaltvollere Gemüseaufläufe eigenen sich als Primo. Zu denken ist da bspw. an die Parmigiane wie Parmigiana di melanzane, Pamigiana di carciofi usw. Weitere geeignete Auflauf-Gerichte findet ihr hier im Blog unter den Stichworten Auflauf (timballo) und überbacken. Eine weitere Alternative, einer größeren Anzahl von Gästen ein Primo zu servieren, ist der Bereich der Suppen. Die Gemüsesuppe Minestrone ist sicherlich die bekannteste italienische Suppe und eignet sich hervorragend, doch es gibt viele andere, nicht so bekannte Suppen, die es wert sind, gekocht zu werden. Eine gute Auswahl findest du in der Kategorie Suppen dieses Blogs. Bei der Auswahl ist nur darauf zu achten, dass die Suppe nach Möglichkeit bereits ganz fertig ist und keiner komplizierten Fertigstellung kurz vor dem Servieren bedarf, wie dies etwa bei der Stracciatella alla romana oder der Zuppa pavese der Fall ist. Noch ein Tipp zum Thema Suppe: Ein gefrorener 5-Liter-Block Suppe, der für gut 20 Portionen reicht, braucht bei normaler Umgebungstemperatur gut 24 Stunden zum Auftauen. Deshalb unbedingt die Suppe früh genug aus dem Gefrierschrank nehmen.
Unter Secondi versteht man bekanntlich in der italienischen Küche den Gang, bei dem eher edlere Speisen auf der Basis von Fleisch und Fisch, aber auch Eierspeisen serviert werden. Insofern denkt man hier natürlich sofort an verschiedenste Braten, die geschmort und zum passenden Zeitpunkt nur aus dem Ofen geholt werden müssen. Sofern die Kapazitäten des Ofens nicht schon durch das Erwärmen des Primo ausgereizt sind, ist das durchaus auch eine Möglichkeit – geeignete Braten-Gerichte findet ihr unter dem Schlagwort geschmort. Da es sich aber um ein Gartenfest handelt, erscheint mir besser, den zweiten Gang im Garten auf dem Grill zuzubereiten, wie es sich eigentlich für ein Gartenevent gehört. Aber Achtung: In Italien legt man keine Nürnberger oder Südtiroler Rostbratwürste auf den Grill, kein Schweinenackensteak und auch keine Wurstel! Zwar wird manchmal auch Wurst gegrillt, doch diese ist gröber und vor allem intensiver gewürzt als unsere Bratwürste. Wenn Italiener grillen, dann geht es eher in Richtung eines Spießbratens, wobei dann auf einem Spieß ein Spanferkel (z.B. Porchetta im Latium oder Porceddu auf Sardinien), ein Zicklein (Capretto allo spiedo) oder auch ein Lämmchen (Agnello allo spiedo) – oder zumindest größere Teile von diesen wie die Arista alla fiorentina – gegart werden. Wahrscheinlich überfordert diese Größenordnung aber nicht nur unseren Metzger, sondern auch unsere eigene Logistik: Schließlich braucht so ein Spießbraten nicht nur einen größeren Grill mit rotierendem Spieß, sondern möglichst auch eine Befeuerung aus besonders aromatischen Hölzern wie Salbei, Myrte usw. Versuchen wir es also eine Nummer kleiner, z.B. mit Arrosticini – das sind kleine Lammstückchen auf kleinen Spießen, die auch auf einem normalen Haushaltsgrill gut zubereitbar sind. Alternativ wären auch Lammkoteletts, etwa als Costolette di agnello alla calabrese, denkbar.
Fleisch wird in der Regel warm gegessen, muss also frisch zubereitet oder zumindest aufgewärmt werden, ist also immer mit ein wenig Arbeit auch im Rahmen des Festes selbst verbunden. Um hier etwas Entlastung zu schaffen, ist es schön, dass es zumindest ein leckeres Fleischgericht gibt, das kalt gegessen wird: Vitello tonnato. Das Kalbfleisch kann man schon aufgeschnitten einfrieren und die Thunfisch-Kapern-Sauce ist ebenfalls tiefkühlgeeignet, so dass die Fertigstellung wenig arbeitsintensiv ist. Soll es hingegen eher ein vegetarisches Secondo geben, so kann man durchaus auch auf die oben schon genannten Parmigiane zurückgreifen, die ebenso wie Crespelle als Eierspeisen gern auch als zweiter (Haupt-) Gang serviert werden und sich beide im Ofen erwärmen lassen.
Was den Nachtisch, die sogenannte Dolci anbelangt, so hat man angesichts der vielen verschiedenen italienischen Süßspeisen natürlich volle Auswahl. Der Umstand, dass phantasielose italienische Restaurant-Besitzer in Deutschland immer nur Tiramisù und Panna cotta auf der Speisekarte haben, sollte uns nicht dazu verleiten, anzunehmen, dass dies die einzigen Nachspeisen sind, die die italienische Küche zu bieten hat. Viele Anregungen findet ihr schon hier in diesem Blog, schön säuberlich getrennt nach Dessets ohne Backen und gebackenen Desserts. Unter den ungebackenen ist unser Favorit Vellutata ai lamponi, eine Ricotta-Himbeer-Nachspeise, die lecker schmeckt und einfach und schnell herzustellen ist. Zu den gebackenen Desserts gehören auch die Kuchen (besonders die gut einfrierbaren Crostata-Kuchen), die in Italien nicht am Nachmittag mit einer Tasse Kaffee genossen werden, sondern als Nachspeise im Rahmen eines Menüs verzehrt werden. Aber auch dazu wird dann Caffè in den verschiedensten Varianten gereicht. Und als Getränk wird nicht nur Kaffee zum Abschluss eines Essens angeboten, sondern der eine oder andere Gast mag auch einen Digestivo, also eine Art Verdauungsschnaps. Hier ist z.B. der Grappa zu nennen, ein Schnaps, der aus Weintrestern hergestellt wird, also den Rückständen, die nach dem Pressen der Trauben in der Weinpresse verbleiben. Als Digestivo werden aber auch Kräuterbitter gern getrunken, die es als Klosterrezepturen, aber auch als bekannte Markenprodukte gibt, etwa Ramazotti (aus Mailand, seit 1815) oder Averna (aus Sizilien, seit 1868). Ferner sind süße Liköre zu nennen, deren bekanntester wohl der Limoncello ist, ein Zitronenlikör, der besonders an der Amalfiküste und in Sizilien produziert wird. Leider eingestellt wurde die Produktion von Campari Cordial, einem klaren Himbeerlikör, der von 1892 bis 1992 leider nur 100 Jahre lang im Hause Campari produziert wurde – und von dem ich noch ein Fläschchen besitze 😉 Schließlich sind als Digestivi noch die moderneren Crema genannten Alkoholika zu nennen, bei denen Milch, Sahne, Alkohol und ein geschmacksprägende Zutat (super: Crema al pistacchio!) zu einem Likör vermengt werden.
Aufgrund meiner Erfahrung kann ich nur sagen: Ein Gartenfest all’italiana ist was Schönes – traut euch nur ran. Bei guter Planung klappt alles.
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2024
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