Mispeln sind Früchte, die zwar altbekannt, jedoch nicht allseits bekannt sind. Die auf Italienisch Nespole (giapponesi) genannten Früchte sind aber unbedingt eine nähere Bekanntschaft wert.
Wenn ihr auf dem Markt oder im Gemüsegeschäft etwas seht, was wie Aprikosen mit Transportschäden (dunklen Streifen und Flecken) aussieht, dann habt ihr Mispeln entdeckt. Und die haben außer einer tendenziell orangefarbenen Haut und einer ähnlichen Größe wenig mit Aprikosen gemein. OK, lecker sind beide Früchte, doch Mispeln sind deutlich saftiger als Aprikosen und haben einen fruchtigeren, süß-säuerlichen Geschmack. Ihr – sagen wir: unvorteilhaftes Äußeres gereicht ihnen natürlich insbesondere in einer Welt, in der alles auf Ästhetisierung und Perfektionierung getrimmt zu sein scheint, nicht gerade zum Vorteil, doch der Hauptgrund, weshalb Mispel ein Nischenprodukt geworden sind, dürfte darin bestehen, dass sie ziemlich empfindlich und nicht sehr haltbar sind – daher die dunklen Stellen. Von diesen sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn sie tun dem Genuß keinen Abbruch. Selbst Früchte mit großflächigeren dunklen Stellen, die auch das unter der Haut liegende Fruchtfleisch schon haben dunkeln lassen, kann man ohne Geschmackseinbuße noch genießen, doch man sollte solche Früchte dann roh essen (sehr lecker!), da das dunklere Fruchtfleisch sonst farblich das Orange herabsetzt, was den visuellen Genuss bei dem einen oder anderen Gericht beeinträchtigen würde. Mispeln taugen nämlich nicht nur als Obst zum “so essen”, sondern werden primär für Süßes wie Marmeladen (Confettura di nespole), Kompotts, süße Cremes (Crema di nespole), Kuchen (Torta di nespole, Torta di nespole e ricotta), Eiscreme (Gelato alle nespole) usw. benutzt. Aber auch für das eine oder andere salzige Gericht sind sie hervorragend geeignet. Aufgrund ihres leicht süß-sauren Geschmacks sind Mispeln natürlich besonders für süß-salzige Gerichte wie z.B. Pollo con nespole in agrodolce oder Risotto alle nespole, zur Verfeinerung von Salaten oder als Salsa di nespole zu Fisch oder Fleisch prädestiniert. Mit Mispeln kann man auch einen Obstschnaps (nespolino) ansetzen.
Um Verwechselungen auszuschließen: Unter Mispeln verstehen wir hier nicht die sogenannte Echte Mispel bzw. (lat.) Mespilus germanica (die trotz des Namens nicht aus Deutschland, sondern aus dem Kaukasus stammt, sehr sauer schmeckt, steinhart ist und erst im Herbst reif wird)[1], sondern die Japanische Wollmispel (lat.: Eriobotrya japonica).[2] Diese kommt, wie der Name schon andeutet, aus Südost-Asien und wurde ab Ende des 18. Jahrhunderts auch im Mittelmeerraum angepflanzt, zunächst (wie die Tomate) als Ziergewächs, doch dann auch der Früchte wegen. Als Kernobst enthalten diese in der Regel (je nach Größe der Frucht) zwei bis vier Kerne, die ebenso wie deren Umhüllung vor dem Verzehr der Frucht entfernt werden müssen. Entfernen sollte man möglichst auch die Schale, die sich meist nach dem Einritzen der leicht länglichen Frucht gut abziehen lässt. Die dunkleren Streifen und Flecken der Schale sind übrigens nur bedingt ein Zeichen des Alterns der Frucht: Ein wenig braune Flecken zeigen die Reife der Früchte an, weitere entstehen beim Transport, denn Mispeln haben eine sehr empfindliche Oberfläche. Die Verfärbungen sind dem Geschmack jedoch nicht abträglich und kein Zeichen von “Gammel”.
Die Reife erreichen die Früchte übrigens in Italien ab Mai und gelangen dann auch in Deutschland auf den Markt – sofern sie angeboten werden. An gut sortierten Obstständen auf Märkten oder in (insbesondere türkischen) Obstgeschäften kann man mit etwas Glück fündig werden. Angeboten werden allerdings meist Früchte aus spanischem Anbau. Die italienischen Anbaugebiete liegen meist auf Sizilien (teilweise auch in Kalabrien), insbesondere im Großraum Palermo, so Trabia und Caculli. Auch Calatabiano bei Catania ist ein bekanntes Produktionsgebiet.
Der Mispelbaum – im Italienischen nespolo, im Unterschied zur nespola genannten Frucht – ist übrigens immergrün und wird bis zu sieben Meter hoch.
Nicht nur geschmacklich haben nespole etwas zu bieten, sondern auch unter gesundheitlichem Aspekt: Die Früchte sind reich an Vitamin A und Kalium und weisen auch höhere Konzentration der Mineralien Phosphor und Magnesium auf. Da Mispeln viel Tannin enthalten, kann man mit ihnen zudem die Darmtätigkeit regulieren: Das in noch nicht reifen Früchten enthaltene Tannin wirkt durchfallhemmend, ist bei der reifen Frucht jedoch in Zucker umgewandelt und wirkt eher abführend.
Ein Tipp für alle Mispel-Freunde: Mispeln sind – wenn überhaupt – nur im Mai / Juni erhältlich. Wer außerhalb dieser Zeit Mispel-Rezepte kochen möchte, muss Vorräte anlegen. Unser Vorschlag: In der Saison entsprechend Mispeln kaufen. Diese dann gewaschen halbieren, entkernen, Haut abziehen, ggf. zerkleinern und mit etwas Zitronensaft vermengt portionsweise (z.B. in 100-g-Beuteln) einfrieren. So steht dem ganzjährigen Genuss nichts im Wege. |
Alle auf Authentisch-Italienisch-Kochen.de veröffentlichten Rezepte, die Mispeln enthalten, findest du unter der Zutat Mispeln.
- Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Mispel. (Letzter Zugriff: 02.07.18)↵
- Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Wollmispel. (Letzter Zugriff: 02.07.18)↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 20. Juli 2024
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So viel ich weiß ist die Nespole nicht mit der Mispel , die ja in Mitteleuropa wächst verwandt
Hallo Otmar – kommt darauf an, was man unter Mispel versteht. Ich hatte im Text ja oben geschrieben: “Unter Mispeln verstehen wir hier nicht die sogenannte Echte Mispel bzw. (lat.) Mespilus germanica (die trotz des Namens nicht aus Deutschland, sondern aus dem Kaukasus stammt, sehr sauer schmeckt, steinhart ist und erst im Herbst reif wird), sondern die Japanische Wollmispel (lat.: Eriobotrya japonica).” Letztere ist die in Italien kultivierte, auch wenn sie ursprünglich aus Japan stammt (wie die Tomate eben aus Amerika …).
LG Matta
Hallo Matta,
dein Text war ausgesprochen informativ.
Ich liebe diese Früchte.
Im türkischen Geschäft werden sie „Yeni Dünya“ genannt, was „Neue Welt“ bedeutet.
Bisher habe ich sie einfach roh genossen.
Zum Verkochen ist sie mir zu teuer.
Alles Gute
Hallo Judith, stimmt: Ich mag Mispeln auch sehr gerne, hatte aber noch nie das Glück, welche in Deutschland zu bekommen. Dass sie ziemlich teuer sind, mag ich gerne glauben. Am besten sind sie vermutlich von einem in freier italienischer Wildbahn stehenden Baum …
LG Matta