Das Latium mit der italienischen Hauptstadt Rom liegt bekanntlich in der Mitte Italiens und ist aufgrund der Hauptstadtfunktion teilweise sehr städtisch geprägt. Doch es gibt auch Umland, das durch landschaftlich reizvolle Ebenen, Hügel, Berge und Meeresküsten charakterisiert ist und wo man die Hektik der Metropole nicht verspürt. Nicht nur dort, sondern auch in Rom selbst ist die Küche eher ländlich gediegen und nicht aristokratisch oder großbürgerlich raffiniert, wie man es von einer Hauptstadt erwartet.
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Die Region Latium, das ist eigentlich Rom plus ein wenig Umland, so denkt man häufig. In gewisser Weise ist das auch richtig, etwa wenn man sich vergegenwärtigt, was typisch für die Küche Latiums ist: Primär sind dies Gerichte, die ihren Ursprung in Rom haben und typisch für die römische Küche sind, doch dazu später mehr. Richtig ist die Eingangsthese auch, wenn man sich die Konzentration der im Laufe der Jahrhunderte angesammelten Kunstwerke anschaut: Von der Antike über das Mittelalter, Renaissance und v.a. Barock bis hin zur Neuzeit haben diverse Epochen ihre Spuren vor allem in der Hauptstadt und nur bedingt im Umland hinterlassen. Vom caput mundi zu Roma capoccia (Antonello Venditti). Und die These stimmt auch, wenn man auf die Einwohnerzahlen schaut: Von den 5,9 Mio. Einwohnern Latiums, das damit bevölkerungsmäßig auf Platz 2 der italienischen Regionen rangiert, wohnen allein 4,3 Mio. in der Provinz (Metropolitanstadt) Rom. Weniger als 30 % leben in den anderen vier Provinzen, nämlich Viterbo, Rieti, Frosinone und Latina. Die Einwohner des Latiums sind vor allem im Tertiären Sektor beschäftigt, vom allgemeinen Handel über Administration, das Finanzwesen, den Kommunikationssektor bis hin zum Gastgewerbe. Demgegenüber sind Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei ebenso wie die Industrie im Vergleich zu anderen Regionen von untergeordneter Bedeutung. Konsequenz der ökonomischen Aktivitäten ist, dass das Latium beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Italien den 5. Platz belegt.
Rom als politisches und religiöses Zentrum der Region hat eine Küche hervorgebracht, die auf den ersten Blick nicht der Erwartung entspricht. Bei einer Hauptstadt erwartet man in der Regel eine besonders feine, erlesene, vielleicht sogar etwas übertriebene Küche. Sicherlich hat es diese gegeben, schon in der Antike, wie z.B. Petronius’ (14-66) satirischer Roman Satyricon belegt. Auch in der folgenden christlichen Zeit gab es immer wieder durch besonderen Luxus geprägte Essgebräuche. Zwar galt nach kirchlicher Lehre die Völlerei als eine der sieben Todsünden, und auch Fastengebote, die insgesamt die Hälfte eines Jahres ausmachen konnten, dämpften das zügellose Schmausen der Mächtigen und Reichen der folgenden Jahrhunderte, doch oft gelang es, diese Hemmnisse zu ignorieren. Von Papst Paul IV., dessen Amtszeit von 1555 bis 1559 dauerte, ist beispielsweise überliefert, dass er bis zu fünf Stunden tafelte und dabei mit 20 Gängen seinen Gaumen verwöhnte.[1] All dies hat aber keine Spuren in der römischen Küche hinterlassen. Die Frage nach dem Warum ist nicht schwierig zu beantworten, denn zunächst einmal fehlte es der Masse der Menschen immer an den ökonomischen Voraussetzungen für einen übertriebenen kulinarischen Genuss, das war früher so und ist auch heute noch so. Und selbst wenn wir’s ökonomisch könnten, sind Zeitgenossen, die ihr Steak nur mit Blattgold überzogen genießen können,[2] erfreulicherweise selten (und bedauernswerte Kreaturen). Nicht so leicht zu beantworten ist allerdings die Frage, weshalb sich jenseits von Luxusschlemmerei in Rom auch keine aristokratisch-großbürgerliche, gehobene Küche etablieren konnte, wie wir sie aus dem Süden Italiens mit den monzù[3] und den von ihnen angeregten Speisen kennen. Denn die römische Küche ist eine sehr unprätentiöse, schlichte und einfache, die allerdings gerade in ihrer Einfachheit viele schmackhafte und auch bekannte Gerichte hervorgebracht hat.
Die Einfachheit der römischen Küche lässt sich am besten an den Secondi, genauer gesagt an den Fleischgerichten aufzeigen und präzisieren. Typisch ist die Nutzung „minderwertiger“ Fleischteile, des sogenannten Quinto quarto. Mit dem “fünften Viertel” meint man das, was übrig bleibt, wenn die beiden Vorder- und Hinterviertel eines Tiers, also die “vier Viertel”, zerlegt und verkauft waren, nämlich Innereien wie Kutteln, Milz, Herz, aber auch andere weniger nachgefragte Teile wie der Kopf mit Maul, Backe und Gehirn oder auch Schwanz und Pfoten. Diese Teile wurden zu niedrigen Preisen verkauft oder gar verschenkt, und die weniger betuchten Römer waren phantasievoll genug, sie zu schmackhaften Gerichten verarbeiten zu können, die noch heute auf dem Speisezettel stehen. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang Gerichte wie Fritto misto (Kalbsbries, -gehirn und -leber frittiert mit Artischocken), Trippa alla romana (Kutteln auf römische Art), Rognoncini trifolati (in Öl, Petersilie und Knoblauch gebratene Nierchen) oder Coda alla vaccinara (Ochsenschwanz geschmort). Nicht nur für Fleischgerichte wird das quinto quarto benutzt, sondern auch für Pastagerichte: Noch heute gern zubereitete Gerichte sind z.B. Fettuccine alla romana (mit Hühnerinnereien) oder Rigatoni con ragù di pagliata (pajata, wie die Römer sagen). Dabei wird der Darm eines Milchkalbs (abbacchio) in einem soffritto gegart, wobei der Darm einschließlich des darin noch befindlichen Nahrungsbreis (!) des Kälbchens genutzt wird. Speisen kann man solche Gerichte in Rom übrigens besonders gut in den Restaurants des Viertels Testaccio, wo sich bis in die Mitte der 70er Jahre der große Schlachthof befand, in dessen Dunstkreis sich viele kleine und teilweise noch heute bestehende Restaurants angesiedelt hatten, die traditionelle Speisen servieren.
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Auch wenn viele Gerichte der cucina povera den Ruhm der römischen Küche (mit)begründen, so wäre es auch nicht gerecht, die römische Fleischküche auf Fleischreste zu reduzieren, denn auch bei “besseren” Fleischstücken kann die römische Küche punkten. Ein Highlight sind bspw. Gerichte, bei denen das beliebte AbbacchioVgl. ausführliche, bebilderte Lebenmittelinfo-Seite Abbacchio, also Milchlamm, verarbeitet wird zu Gerichten wie Abbacchio alla romana (geschmort) oder Abbacchio brodettato (mit Ei-Zitronen-Sauce). Aufgrund des Preises von Milchlamm kamen diese Speisen nur an Festtagen, besonders Ostern, auf den Tisch. Auch nicht der cucina povera zuzuordnen ist das beliebte Saltimbocca, das anschaulich das Erfolgsrezept der römischen (um nicht zu sagen: der italienischen) Küche illustriert: Frische, einfache Zutaten – wie hier Kalbschnitzel, Schinken und Salbei – werden miteinander kombiniert, so dass leckere und meist einfach zuzubereitende Speisen entstehen.
Neben Lamm und Kalb schätzen die Römer auch noch Huhn, z.B. als Pollo alla romana (mit Paprika und Tomaten), und Rind, das z.B. als Involtini alla romana (Rouladen), Stufatino (Rinderschmortopf), Arrosto garofolato (Rinderbraten) oder auch als Frikadellen (Polpette alla romana oder alla giudia zubereitet wird. Schweinefleisch ist hingegen nicht so populär und wird eher für Würste (z.B. Salsicce in padella (Bratwurst) oder Salsicce e pan’unto (gegrillte Wurst am Spieß) ) bzw. Schinken und Vorprodukte wie Guanciale usw. benutzt. Und für Porchetta, die eigentlich aus Umbrien stammt und dort schon beschrieben wurde. Besonders in Ariccia (RM) in den Albaner Bergen findet man Porchetta in fast jedem Restaurant und in speziellen Porchetterien.
Fleischgerichte machen den Hauptteil der Secondi aus. Fisch isst man in Rom und im Latium trotz eines langen Küstenstreifens am Thyrrenischen Meer kaum. Sardellen, Baccalà (Klippfisch) und Tintenfisch (z.B. Polpi affogati alla civitavecchiese) werden manchmal serviert, doch meist ohne besondere Bedeutung zu erlangen. Einen Klassiker gibt es allerdings auch hier, wenn auch mit Pasta und etwas suppenartig: Pasta e broccoli in brodo d’arzilla (Nudeln und Brokkoli in Nagelrochen-Brühe). Und eine Schwäche für Schnecken hat man im Latium. Sie werden z.B. in einem Tomaten-Sud gern am Tag des Johannes als Lumache di San Giovanni gegessen. An Eierspeisen sind die Pizzace (Pfannkuchen) aus dem nördlichen Latium zu nennen.
Das Prinzip der Einfachheit kennzeichnet auch die Primi. Nicht komplizierte Nudel- oder Reis-Aufläufe o.ä. sind typisch für die cucina laziale, sondern wohlschmeckende, einfache Nudelgerichte. Noch der cucina povera zuzurechnen sind Gerichte wie Spaghetti cacio e pepe oder Spaghetti aglio, olio e peperoncino. Auch einfach und schnell zubereitet, doch ein wenig mehr an Aufwand und Zutaten bedürfend sind Gerichte, die weit über Rom hinaus bekannt, ja vielleicht auch weltbekannt sind, wie Spaghetti all’amatriciana, Spaghetti alla gricia, Penne all’arrabiata, Spaghetti alla carbonara oder Spaghetti alla puttanesca. Nicht ganz so international populär, doch typisch für die Küche des Latium sind zudem Nudelgerichte wie Pasta alla burina (mit Schinken und Erbsen), Pasta ai carciofi (mit Artischocken) oder solche mit den eihaltigen Fettuccine wie Fettuccine alla romana (mit Hühnerinnereien), Fettuccine alla papalina (mit Schinken, Sahne und Ei) oder Fettuccine ai funghi porcini brodettati (mit Pilzen und Ei). Auch Nudeln mit Hülsenfrüchten, etwa als Pasta e fagioli oder Pasta e fave, mag man im Latium.
Die Vielzahl der genannten Pasta-Gerichte macht deutlich, dass in Latium eindeutig Nudeln dominieren. Dagegen ist Reis nahezu unbekannt und wird selten genutzt, etwa als Füllung für Pomodori ripieni alla romana (mit Reis gefüllte Tomate). Dafür gibt es aber zwei römische Gnocchi-Vatianten. Bei der bekannteren, Gnocchi alla romana, ist Hartweizengrieß die Basis, bei den weniger bekannten Gnocchi di patate alla romana sind es Kartoffeln. Was schließlich die Suppen als Primi anbelangt, so sind diese oft sehr gemüsehaltig, etwa als Minestra di broccoli (Brokkoli), Minestra di cardi (Karden) oder Minstra di scarola (Endivie). Kein Gemüse sondern Ei enthält die bekannte Brühe Stracciatella alla romana.
Das Gemüseangebot auf den Märkten und in den Restaurants Roms ist sehr breit, doch zwei Dinge dominieren deutlich: Artischocken und Bohnen jeglicher Couleur. Artischocken, v.a. in Form der violetten, ziemlich kugelförmigen carciofo romanesco (auch mammole oder cimarolo), bedarf es für die beiden klassischen Artischockengerichte Roms: die Carciofi alla romana (gedünstet) und die Carciofi alla giudia (frittiert), aber auch für Carciofi alla griglia (gegrillt), wie sie besonders im Raum Velletri alla matticella gegrillt werden. Aber auch wenn die Artischocke nicht die Hauptrolle bei einem Gericht spielt, ist sie doch unverzichtbarer Bestandteil von Fleischgerichten wie z.B. dem oben schon genannten Fritto misto oder Coratella con i carciofi (Lamminnereien) oder Costolette di agnello a scottadito (Lammkoteletts) oder von Nudel- (z.B. Pasta ai carciofi) oder Omelett-Gerichten (z.B. Frittata di carciofi). Neben Gemüse gehört natürlich auch Brot zu den klassischen Beilagen bei einem Menü. Hier sind die typischen Rosette soffiate, die innen hohlen Brötchen, zu nennen.
Bei den Bohnengerichten kommen allerlei verschiedene Sorten zum Einsatz: von den grünen Garten-Bohnen, z.B. bei Fagiolini a corallo (mit Tomaten) oder Fagiolini al tonno (mit Thunfisch), über Cannellini- und Borlotti-Bohnen, z.B. bei Pasta e fagioli oder Fagioli con le cotiche (mit Schweineschwarte), bis hin zu Saubohnen (neben der oben genannten Pasta z.B. Fave al guanciale, also Schweinbacke). Erwähnenswert ist auch, dass man im Latium viel Salat isst. Im nördlichen Latium schätzt man bspw. im Frühjahr die Vignarola (Mischgemüse) und für Rom ist besonders typisch die Insalata di puntarelle (mit Zichorien). Zichorien werden auch gern als Gemüsebeilage gereicht, z.B. als Cicoria ripassata alla romana.
So prägend sich Rom im Bereich der Pasta-Gerichte erwiesen hat, so wenig gibt es aus dem Bereich der Dolci zu berichten. Dolci sind in der römischen Küche nicht im Überfluss vorhanden.[4] Es scheint, als ob alles Mehl für die Nudelproduktion verbraucht worden sei und für leckere Dolci kaum etwas übrig geblieben sei. Ganz ohne Mehl werden bspw. die leckeren Mandelschlangen (Serpentone di Sant’Anatolia) gebacken. Neben mehreren anderen Regionen reklamiert das Latium die Urheberschaft der Zuppa inglese für sich. Ob sie tatsächlich dort erfunden wurde, ist ungewiss, doch zumindest ist das Überbacken mit Baisiermasse typisch alla romana. Über das Latium hinaus hat ansonsten wenig Bekanntheit erlangt, doch erwähnenswert sind die verbreiteten Maritozzi, eine Art Rosinenbrötchen, oder die Vorliebe der Römer für Crostata (Mürbeteig-Kuchen), die mit Obst (z.B. Crostata alle visciole (Sauerkirschen)) oder Ricotta als Crostata di ricotta gebacken wird. Auch Pignoccate (Mandel-Pinienkern-Plätzchen) oder der aus dem jüdischen Ghetto stammende Cassola (Ricotta-Kuchen ohne Mehl) sind zu erwähnen. Überhaupt ist der Einfluss der jüdischen Küche auf die römische nicht zu unterschätzen. Neben Cassola und den oben schon genannten Carciofi alla giudia gelten auch die Torta di mandorle sowie die Polpette di manzo, Polpette di pollo oder Bianchetti alla giudia (frittierte kleine Sardinen) als typisch jüdische Gerichte. Essen kann man diese in Rom hervorragend im alten jüdischen Ghetto hinter dem Portikus der Octavia.
In Umkehrung der Menüfolge ist am Ende noch auf die Antipasti einzugehen. Auch im Latium isst man natürlich die gängigen Antipasti, doch an Besonderheiten ist Bruschetta zu nennen, ein Crostino, der mit Knoblauch und Olivenöl angerichtet wird. Bruschetta wird zwar italienweit genossen, doch die Erfindung dieses Klassikers wird in der Regel dem Latium (teilweise auch der Toskana) zugeschrieben. Typisch für Latium ist auch Fave e Pecorino (Saubohnen und Schafskäse). Aufwändiger sind die leckeren Supplì alla romana (Reiskroketten mit Ragù und Mozzarella gefüllt).
Zum Schluss sei noch auf den idealtypischen römischen Wochen-Esskalender hingewiesen,[5]. Früher gab es für jeden Wochentag eine bestimmte Art zu kochen, die natürlich nicht auf Rom begrenzt war, sondern auch in anderen Teilen Italiens Anwendung fand. Nur die hier genannten Gerichte sind typisch für die römische Küche. Angesichts sich auch in Italien ändernder Essgewohnheiten und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (z.B. Berufstätigkeit der Frauen oder Wegfall der langen Mittagspause) ist dieser Wochen-Esskalender nicht obsolet, tritt aber doch mehr in den Hintergrund.
Nach dem üppigen Sonntags-Menü, bei dem (wenn man es sich leisten konnte) die besten Fleischstücke auf den Tisch kamen, begann die Woche mit dem Montag moderater. Es gab zwar Fleisch, aber es waren die Stücke zweiter und dritter Qualität, die fetter oder faseriger waren. Typisch war die Nutzung als Suppenfleisch, so dass der Montag besonders durch Brühe, z.B. als Brodo di manzo (Rindfleischbrühe), gekennzeichnet war. Am Dienstag wurde das ausgekochte Suppenfleisch dann weiterer Verwendung zugeführt, indem man es zerkleinert weiterverarbeitete, z.B. zu Polpette (Frikadellen), die einfach gebraten oder mit Tomatensauce genossen wurden, oder auch zu Picchiapò, einem Fleisch-Ziebel-Tomaten-Gericht der römischen Küche. Mittwoch und Samstag waren die Tage des quinto quartro, an denen also mit Fleisch aus der billigsten Fleischkategorie etwas gekocht wurde und es dann Gerichte wie Coda alla vaccinara, Trippa oder auch Nudelgerichte mit Innereien wie Rigatoni con ragù di pagliata oder Fettuccine alla romana gab. Am Donnerstag standen Zerealien auf dem Speiseplan, und dies schon seit langer, langer Zeit. In der Antike gab es eine rituelle Verbindung zwischen Zerealien und Jupiter (it: giove), und diese schlug sich im Speiseplan des Donnerstags (it: giovedì – Tag des Jupiters) nieder. Besonders schätzte man an diesem Tag Gnocchi alla romana, da diese ziemlich kalorienreich sind und so gut den Freitag vorbereiteten, an dem di magro (dt.: mager) gegessen wurde. Katholischer Speiselehre zufolge ist Fleisch am Freitag tabu und an dessen Stelle tritt der weniger schwere Fisch. So auch theoretisch in Rom, doch praktisch wurde dies weniger streng befolgt, denn die römische Küche ist, wie wir oben gesehen haben, wahrhaftig keine Fischküche. Am Samstag gab es ähnliche Gerichte wie am Mittwoch, besonders Trippa, vor allem aber weniger teuere Stücke bzw. die “Abfälle” des für den Sonntag vorgesehenen Fleischs. Ein bekanntes römisches Sprichwort lautet: “Giovedì gnocchi e sabato trippa”. Am Sonntag lies man es sich gut gehen und tafelte nach Möglichkeit üppig. Dann kamen natürlich die besten Fleischstücke auf den Tisch, und nicht nur Fleisch, sondern am Sonntag wurde das ganze Menü durchdekliniert, vom Antipasto über ein (Nudel-) Primo und ein Fleisch-Secondo (s.o.) bis hin zum Dolce, oft Crostata alla ricotta oder alle visciole.
Zur Vertiefung: | |
– Kriminalromane aus dem Latium |
Rezepte aus dem Latium
Willst du mehr über Regionalküchen wissen, dann findest du hier noch
- einen Beitrag über mögliche Ursachen der Entstehung regionaler Küchen in Italien
- eine Karte zur Auswahl einer anderen Region und deren typische Rezepte
- ein Verzeichnis aller regional nicht genau zuzuordnenden Rezepte
- Vgl. Elena Kostioukovitch: Italia. Die Italiener und ihre Leidenschaft für das Essen, Frankfurt/M. 2015, S. 286f↵
- Vgl. https://www.zeit.de/2019/29/franck-ribery-vergoldetes-steak-dubai-restaurant-reichtum Letzter Zugriff: 12.11.2019↵
- Vgl. den entsprechenden Abschnitt in der Vorstellung der neapolitanischen Küche.↵
- “La tradizione di Roma non abbonda di dolci.” in: https://www.laziogourmand.com/cassola-dolce-ebraico-romanesco/ Letzter Zugriff: 12.11.2019↵
- Vgl. https://www.tavoleromane.it (passim) Letzter Zugriff: 12.11.2019↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 25. Februar 2024
Wird die Seite ganz oder in Teilbereichen nicht richtig angezeigt, freuen wir uns über einen kurzen Hinweis an
matta@a-i-k.de
Hallo Matta,
die Seite ist einfach genial; das Beste, was ich zum Thema italienische Küche im Web je gesehen habe !!! Complimenti! Mir ist rätselhaft, wie ich diese Seite so viele Jahre übersehen konnte.
Für heute nur als “Einstiegs”-Kommentar? Wie kommt es, dass die berühmten Spaghetti alla Carbonara dort nur als Stichwort erwähnt werden, ohne Link, ohne Rezept, ohne Geschichte?
Hallo Stephan, vielen Dank für die lobenden Worte, die ich gern gelesen habe. Und als Dank heute die gewünschten Spaghetti alla carbonara 😉 (Es kommt selten vor, dass ich innerhalb von noch nicht zwei Stunden liefern kann, aber das Rezept war schon in der Warteschleife – ich arbeite immer ein bisschen vor, denn ab März geht’s wieder los im Garten und dann bleibt nicht so viel Zeit für neue Rezepte). LG Matta
Cara Matta, che bella “site”! La ho visto oggi, non già prima!
Passerò 5 giorni a Roma in Novembre, e cosi mi serva la tua pagina per profundare meglio le ricette del “quinto quarto”. Perchè son certo di andare mangiare nei ristoranti al testaccio…
Auguri, grazie al tuo lavoro!
Birger
Bin auf ein Rezept aus einem alten Kochbuch aus der Region Latium gestoßen.
Ganz einach zu machen und mit ganz viel Umami…
vielleicht lohnt es sich, das Rezept zu veröffentlichen
ganz großes Kompliment zu Deiner Seite…
Essighuhn
Zutaten:
Huhn
Öl
Anchovis
Knoblauch
Rosmarin
Essig
Mehl
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
2 Sardellenfilets und 2 Knoblauchzehen fein hacken und in 1 Glas Essig auflösen. Dann 100 g Öl in einer Pfanne mit einem Zweig Rosmarin und einer guten Prise Pfeffer erhitzen, das vorbereitete, in Stücke geschnittene Hähnchen hinzufügen, salzen und leicht mit Mehl bestäuben. Zuerst bei großer Hitze anbraten, dann die Flamme reduzieren und bei mittlerer Hitze garen. Sobald das Huhn gar ist, aus der Pfanne nehmen, den Rosmarinzweig entfernen, das Glas Essig, in dem die Sardellen aufgelöst wurden, dazugeben und erhitzen, bis die Flüssigkeit um die Hälfte reduziert ist. Dann die Hähnchenteile wieder in die Pfanne geben, einige Minuten ziehen lassen und mit dem eigenen Bratensaft servieren.