Die Emilia-Romagna gilt als ein Schlemmer-Paradies. Viele national und international bekannte Speisen kommen aus der Emilia-Romagna. Vor allem aber stammen viele typische Lebensmittel aus dieser Region – von Aceto balsamico über Nudeln, Schinken und Reibkäse bis hin zum Zampone. Produkte aus Schweinefleisch und Nudeln jedweder Art sind die großen Themen der regionalen Küche. Die Nudeln sind oft hausgemacht und teilweise auch gefüllt. Die exzellente Küche, die vielen schmucken historischen Altstädte und die malerischen Hügel des Apennins entschädigen für die oft langweiligen Ebenen der Emilia.
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Die Region Emilia-Romagna liegt zwar flächen- und einwohnermäßig jeweils nur auf Platz 6 der italienischen Regionen, belegt aber nach Trentino-Südtirol und der Lombardei den dritten Platz bezüglich des Prokopf-Einkommens.[1] Der relative Reichtum basiert auf verschiedenen Faktoren. In der Landwirtschaft erleichtern die weiten Ebenen eine produktive Flächennutzung, etwa zum Weizenanbau. Aber auch Gemüse und Früchte werden intensiv produziert – bspw. ist die Region Italiens Hauptanbaugebiet für Pfirsiche und Birnen. Im industriellen Sektor sind viele kleine und mittelständische Unternehmen (oft als Kooperativen organisiert) auf nahezu allen Gebieten tätig; größere, brachendominierende Unternehmen gibt es u.a. in der Automobilindustrie (Sportwagen und Motorräder) und auch in der Lebensmittel verarbeitenden Industrie. Hiervon profitiert vor allem die Provinz Parma, in der sich bspw. Barilla (Nudeln), Mutti (Tomatenprodukte) oder Parmalat (Milchprodukte) und ein sogenanntes Food-Valley befinden. Über 30 % der Beschäftigten sind in der Provinz Parma in der Lebensmittelverarbeitung und Gastronomie beschäftigt.[2] Im tertiären Sektor ist neben den üblichen klassischen und modernen Dienstleistungen vor allem nach wie vor der Tourismus wichtig: Über 10 Mio. Besucher zieht es jährlich allein an die Adria-Strände der Emilia-Romagna. Politisch war die Emilia immer links: In der Nachkriegszeit dominierte bis in die 90er Jahre die Kommunistische Partei (PCI), die heute nach mehreren Umbenennungen als Partito Democratico (PD) ein eher sozialdemokratisches Profil hat und nach wie vor in der Emilia-Romagna den Ton angibt. Typisch für den Spagat zwischen Politik und Kirche sind die von Giovannino Guareschi geschaffenen Figuren Don Camillo und Peppone, die Protagonisten vieler Romane und Verfilmungen.
Das, was uns an der Emilia-Romagna natürlich am meisten interessiert, ist das Essen. Diesbezüglich rangiert die Region auf einem der vordersten Plätze, was Geschmack, Vielfalt und Verfügbarkeit des Angebots angeht. Unzählige Delikatessengeschäfte, gut geführte Trattorien und sonstige Gourmet-Tempel wie FICO Eataly World in Bologna zeugen davon. Davon profitieren nicht nur Einheimische, sondern auch Touristen, die die emilianisch-romagnolische Regionalküche besonders schätzen. Von 81 % der Italiener, die mindestens einmal im Jahr zum gut Essen und Trinken (önogastronomischer Tourismus nennt man das) entsprechende Ziele in Italien aufsuchen, plädierten nach einer 2018 veröffentlichten Umfrage der Firma Nestlé hinsichtlich der Ziele eines solchen Tourismus 33 % für die Emilia-Romagna, die damit (nach Sizilien) auf Platz 2 der beliebtesten Ziele stand.[3] Dabei ist das Angebot an Speisen und Zutaten bzw. Lebensmitteln lokal oft sehr verschieden: In einem Städtchen gibt es dies, in einem anderen das. Die Ursachen hierfür könnten historisch bedingt sein: Lange Zeit waren die Kommunen der Region selbständig bzw. unter der Herrschaft eines bestimmten Adelsgeschlechts. Während bspw. in der Toskana schon im 16. Jahrhundert ein für damalige Zeit großflächiges Staatsgebilde in Form des Großherzogtums entstand, herrschte lange Zeit in der Emilia-Romagna eher ein “Klein-klein”, das vielleicht die Herausbildung gastronomischer Spezialitäten im lokalen Rahmen und deren Verbleib in diesem Rahmen gefördert hat.
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Was also macht die Küche der Emilia-Romagna so attraktiv? Das sind natürlich zum Einen viele, viele Speisen, die ursprünglich aus der Region stammen und italienweit und darüber hinaus bekannt und beliebt sind (und auf die wir weiter unten noch näher eingehen). Zum anderen aber punktet die Region mit einer Vielzahl an erstklassigen Lebensmitteln, die diese besondere Beliebtheit begründen. Ein Paradebeispiel ist der Parmesankäse. Bereits im 14. Jahrhundert wurde der für viele Speisen unverzichtbare Parmesan bis nach Südtalien geliefert, ab dem 16. Jahrhundert wohl auch nach Deutschland exportiert.[4] Ebenfalls weltweit einen guten Ruf genießt der Parma-Schinken. 71 % der 2020 produzierten 8,7 Mio. Parma-Schinken im Wert von 720 Mio. € gingen in den Export.[5] Die beiden Zugpferde der emilianisch-romagnolischen Lebensmittelproduktion stammen beide aus Parma, das sich nicht ohne Grund zum Zentrum der italienischen Lebensmittelindustrie entwickelt hat, kann doch die Provinz mit weiteren attraktiven Lebensmittel aufwarten: Unter den Wurstwaren sind neben dem Parma-Schinken z.B. zu nennen die Salame di Fellino, die sich durch einen besondern milden Geschmack auszeichnet, und der Culatello di Zibello, ein besonders feiner roher Schinken, der aus den hinteren und inneren Schenkelmuskeln der Schweinekeule produziert wird. Aus dem bei der Produktion des Culatello übrig gebliebenen Rest der Schweinekeule stellt man den Schinken Fiocchetto her. Zu den weiteren Wurstspezialitäten aus Parma gehören z.B. die beiden Salamis Gentile und Strolghino, Spalla cotta di San Secondo oder die Cicciolata di Parma, eine Art Sülze aus Grieben, Schweinsfüßen und Schweinekopf. Aber auch hervorragende Lebensmittel, die die Natur ohne menschliches Zutun hervorbringt, stammen aus der Provinz Parma, denken wir etwa an die berühmten Funghi di Borgotaro, die einzigen Steinpilze Italiens, die mit einem Qualitätssiegel (PAT) ausgezeichnet sind. Insofern verwundert es nicht, dass sich die Provinz Parma zu dem Lebensmittelzentrum Italiens entwickelt hat, wo auch andere, weniger einen Besonderheits-Staus besitzende Lebensmittel wie Weizen, Tomaten und Milchprodukte von großen Konzernen (wie eingangs erwähnt) vermarktet werden.
Aber nicht nur Parma trägt zum Ruf der emilianisch-romagnolischen Lebensmittel bei. Auch Produkte aus anderen Provinzen tragen zum Ruhme bei. Aus der im Osten benachbarten Provinz Piacenza stammt bspw. die Coppa piacentina, die aus Fleisch vom Schweinehals und -nacken produziert und mit Muskatnuss und Nelken gewürzt wird. Die Pancetta piacentina sowie die beiden Salamis Mariola cruda und Salame piacentino sind weitere Spezialitäten aus Piacenza. Zudem wird dort – wie in der ganzen Region mit Ausnahme der Provinzen Parma, Reggio Emilia und Modena – auch der Reibkäse Grana padano produziert. Die sich westlich an Parma anschließende Provinz Reggio-Emilia ist ebenso wie Parma Heimstatt des konkurrierenden Parmesans, der schließlich auf Italienisch korrekt Parmigiano reggiano heißt. Von dort kommen auch zwei weitere Wurstspezialitäten: Die Salame fiorettino sowie der Violino di pecora, ein roher Schinken aus Lammfleisch.
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In Reggio Emilia und der östlich angrenzenden Provinz Modena wird auch ein Spitzenprodukt der Region, nämlich der Aceto balsamico hergestellt. Der würzige Balsam-Essig wird in seiner vergleichsweise billigen Variante Aceto balsamico di Modena gern zum Würzen von Salaten benutzt, während der lang gereifte Aceto balsamico tradizionale di Modena bzw. di Reggio Emilia zur Veredelung verschiedenster Speisen dient. Einen guten Ruf haben auch Kirschen aus der Provinz Modena, sei es als Süßkirschen oder als Amarena-Sauerkirschen. Aber auch bekannte Lebensmittel aus Schweinefleisch stammen aus der Provinz Modena: der rohe Prosciutto di Modena, vor allem aber die bekannten Cotechino und Zampone. Cotechino ist eine Rohwurst aus Schweinefleisch, die gekocht wird. Hergestellt wird sie aus magerem Muskelfleisch, Nacken, Kopf und Schwarte. Aufgetischt wird Cotechino gern gemeinsam mit Linsen (und Polenta oder Kartoffelpüree) an Silvester oder Neujahr – ebenso wie Zampone. Dies ist ein Schweinsfuß, der mit ähnlichen Zutaten wie der Cotechino gefüllt und dann stundenlang gekocht wird.
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Bologna ist nicht nur Hauptstadt der Region, sondern auch Hauptstadt der gleichnamigen Provinz oder besser: Metropolitanstadt. In Italien charakterisiert man Bologna mit drei Adjektiven: Bologna sei dotta (dt.: gelehrt) – u.a. weil dort 1088 die älteste Universität Europas gegründet wurde -, sie sei rossa (dt.: rot) – weil Bologna traditionell von der politischen Linken regiert wird – und sie sei grassa (dt. fett) – weil man dort gut und gerne esse, was durchaus als Kompliment aufzufassen ist. In der Tat hat Bologna einiges zur nationalen italienischen Küche beigetragen: Von verschiedensten Nudelsorten und -gerichten (auf die wir noch zu sprechen kommen) bis hin zur Mortadella Bologna. Wenn auch die Wurst so ziemlich in ganz Norditalien bis hinunter nach Latina (südlich von Rom) unter diesem Namen hergestellt werden darf, ist doch Bologna wenigstens der Namensgeber der berühmten Wurst geblieben.
Die Provinz Ferrara ist der einzige Küstenstreifen der Emilia, und so gibt es dort mehr Fisch als sonst in der Emilia. Der typischste Fisch der Provinz ist der bei Comacchio beheimatete Aal, der allerdings nur bedingt ein Meeresbewohner ist, denn er lebt in großen, hinter der Küste gelegenen Salzwasserseen. Auch Ferrara hat eine berühmte Salami hervorgebracht, die Salama da sugo, deren Besonderheit ist, dass man sie gekocht verzehrt. Seit dem 16. Jahrhundert siedelten sich in Ferrara viele Juden an, und so wurde die Stadt zu einem Zentrum für jüdische Kultur, die sich bis heute in mancherlei Gerichten erhalten hat, bspw. im Nudelgericht Buricche ebraiche ferraresi.
Auch aus den romagnolischen Provinzen Ravenna, Forlì-Cesena und Rimini stammen Lebensmittel, die die Küche der Emilia-Romagna bereichern. An Wurstspezialitäten ist zu nennen die Ciavàr, eine mit Sangiovese-Wein zubereitete Wurst, die gebraten und gegrillt wird. Unter den Käseprodukten stechen heraus der Raviggiolo und der Squacquerone. Beide sind bekanntere streichfähige Frischkäse aus der Romagna, die z.B. gern für Piadine verwendet werden. Ein ganz besonderer Käse ist der Formaggio di fossa di Sogliano. Dabei handelt es sich um einen Käse aus Schafs- oder Kuhmilch, der in hermetisch abgeschlossenen Tuffstein- oder anderen Höhlen reift und als besondere Delikatesse gilt. Aus der Umgebung von Brisighella stammt schließlich ein hochwertiges Olivenöl, das Olio di Brisighella.
Nachdem wir einige wichtige Lebensmittel der Region kurz vorgestellt haben und dabei wiederholt auf Produkte aus Schweinefleisch gestoßen sind, soll es nun um die Nudeln gehen, die wir bislang ausgespart haben. Dass Nudeln das zweite große kulinarische Aushängeschild sind und die Emilia-Romagna als das Nudel-Paradies schlechthin gilt, haben wir schon angemerkt. Dies gilt besonders für gefüllte Nudeln, die nahezu ausnahmslos aus Weichweizenmehl mit Ei hergestellt werden. Jeder Landstrich hat seine besonderen Delikatessen zu bieten. Die Namen – und Zubereitungsarten – wandeln sich von Ort zu Ort, so dass man oft an einem Ort unter einer bestimmten Nudelbezeichnung etwas ganz anderes versteht als in einem nur 20 km entfernten Nachbarort. Trotz gleicher Füllung heißen die Nudeln im einen Städtchen so, im Nachbarort aber so, und die äußere Form ist sowieso wieder anders. Komplizierend kommt hinzu, dass die Namen ihrerseits variiert werden: Neben den normalen Tortelli gibt auch besonders kleine Tortelli (nämlich Tortellini) oder besonders große (Tortelloni). Wir versuchen, ein wenig Übersicht in das vielfältige Angebot zu bringen und stellen die wichtigsten Pasta-Arten vor, wobei wir mit den gefüllten Nudeln beginnen. Diese haben in der Emilia-Romagna eine lange Tradition – schon in dem 1570 erschienenen, Opera genannten Kochbuch des Bartolomeo Scappi finden sich verschiedenste Rezepte für gefüllte Nudeln, die zunächst an den Höfen der damaligen Potentaten gekocht wurden, dann aber auch im “gemeinen” Volk schnell Verbreitung fanden.
Auffallend ist zunächst, dass die Benennung als Ravioli, die ja im Deutschen quasi als Synonym für gefüllte Nudeln benutzt wird, in der Emilia-Romagna kaum gebräuchlich ist. Oft heißt gefüllte Pasta Tortelli oder Cappelletti, die beide eine ähnliche hütchenartige Form haben. Beginnen wir unseren Überblick erneut im Westen der Region: Die Provinz Piacenza ist bekannt für ihre Tortelli alla piacentina. Diese werden mit Spinat, Ricotta und Parmesan gefüllt. Ihre Form ist insofern besonders, als die Teigstücke zopfähnlich geschlossen werden. Ebenfalls in Piacenza, aber auch in der Nachbarprovinz Parma bereitet man die kreisrunden Anolini zu, die mit lang geschmortem Rindfleisch, Ei, Parmesan und Paniermehl gefüllt und in Brühe gegessen werden. Eine ähnliche Füllung wie die Tortelli alla piacentina haben die Tortelli di erbette alla parmigiana, bestehen sie doch aus Spinat oder Mangold, Ricotta und Parmesan, haben jedoch eine andere Form, da sie meist quadratisch sind. Diese Form haben auch Tortelli di patate alla parmigiana, die mit Kartoffeln gefüllt sind. Cappelletti sind eine weitere Form der gefüllten Nudeln, die so heißen, da sie an einen Hut erinnern, wie man ihn im Mittelalter trug. In der an Parma östlich angrenzenden Provinz Reggio Emilia sind die Cappelletti all’emiliana gefüllt mit Parmesan und verschiedenen Fleischsorten, meist Rinder- und Schweinegehacktes, und manchmal auch rohem Schinken. Eine von den Dimensionen her etwas größere Variante der gefüllten Nudeln gibt es eine Provinz weiter östlich in Modena in Gestalt der Tortelloni alla modense, die mit Ricotta, Parmesan und Petersilie gefüllt sind.
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Die deutlich kleineren Tortellini stammen ebenfalls aus Modena, behauptet man jedenfalls ebendort. In der Nachbarstadt Bologna sieht man das anders und preist Tortellini als eigene Erfindung – jedenfalls sind Tortellini mit Schweinelende, rohem Schinken, Mortadella und Parmesan gefüllt. Genossen werden Tortellini in klassisch in Brühe, aber auch mit einer Sahnesauce. In Bologna kennt man außerdem noch die Balanzoni. Dies sind größere Tortelli, deren Besonderheit ihre grüne Farbe ist, die durch den Zusatz von Spinat entsteht. Gefüllt werden Balanzoni ebenfalls mit Spinat und Ricotta oder wie die genannten Tortellini. Nordöstlich von Bologna liegt Ferrara und dort bereitet man fleischgefüllte Cappelletti ferraresi oder mit Kürbis gefüllte Cappellacci di zucca zu. In der sich südlich der Provinz Ferrara am Meer erstreckenden Romagna dominieren die Cappelletti romagnoli. Sie stehen traditionell in Konkurrenz zu den bekannteren Tortellini, unterscheiden sich von diesen aber dadurch, dass sie etwas größer als diese sind und der Teig auch etwas dicker ist. Ihre Füllung ist allerdings sehr unterschiedlich: Werden die regional Caplèt genannten Nudeln mit Fleisch gefüllt, so nutzt man gekochtes Fleisch, besonders Kapaun. Oder sie sind mit Käse gefüllt, wobei dann neben Parmesan und Ricotta auch Frischkäse (sie oben genannten Raviggiolo oder Squaquerone) verwendet werden. Gegesssen werden die Cappelletti romagnoli in Brühe oder auch mit einem Fleisch-Ragù. Auch aus der Romagna kommen Spoja lorda. Das sind rechteckige, ravioliartige Nudeln, die einfach geschnitten und nicht besonders geschlossen werden.
Neben den genannten und vielen ungenannten Arten gefüllter Nudeln hat die Emilia-Romagna aber auch noch andere Nudeln vorzuweisen. Am bekanntesten sind wohl die Bologna zugeschriebenen Lasagne (Plattennudeln) und Tagliatelle (Bandnudeln). Die bekanntesten damit hergestellten Gerichte sind Lasagne alla bolognese und Tagliatelle alla blognese, beide mit dem typischen Ragù zubereitet. Aus der Romagna stammen hingegen die Garganelli. Dies sind Röhrennudeln in der Art von Penne rigate, doch die Riffelung erfolgt quer zur Längsachse. Man isst sie oft mit Sugo alla romagnola. Kleinere Röhrennudeln mit nur einem sehr kleinen Loch, sind Gramigna, die wohl bolognesischen Ursprungs sind und gern als Gramigna alla salsiccia mit Wurst gegessen werden. Aber auch größere Röhrennudeln gibt es: Cannelloni werden gern mit dem schon genannten bologneser Ragù als Cannelloni alla bolognese zubereitet. Und wer’s noch größer mag: Girandole sind ein romagnolisches Nudelgericht, bei dem eine große Nudelplatte, belegt mit Kräutern und Ricotta, zu einer Rolle gerollt wird. Als Nudelauflauf ist besonders der Pasticcio di maccheroni bekannt.
Schließlich gibt es noch Nudeln, die eher im Grenzbereich von Nudeln anzusiedeln sind, da ihnen tendenziell das Mehl fehlt. In der Provinz Piacenza sind Pisarei das Aushängeschild der bäuerlich-ländlichen Küche, in der es vor allem um Resteverwertung ging: Pisarei bestehen aus Paniermehl und Weizenmehl. Sie enthalten kein Ei, haben eine muschelähnlich Form und werden gerne mit (Borlotti-) Bohnen kombiniert. In der Romagna und im Osten der Emilia verbreitet sind Passatelli, bei denen das Weizenmehl meist völlig entfällt und deren Hauptbestandteil Paniermehl ist, das mit Parmesan, Ei und Rinderknochenmark, manchmal auch Geflügelfleisch, angereichert wird. Meist werden sie in Brühe gekocht und serviert und heißen dann Passatelli in brodo. Eine bewusst weizenmehlfreie Variante sind Gnudi, die deshalb Nackte heißen, da sie nur noch aus der Füllung (meist Spinat oder Mangold mit Ricotta) bestehen und sich der sie eigentlich umhüllenden Nudelhaut entkleidet haben und insofern nackt sind. Gnudi sind eigentlich typisch für die Toskana, finden sich jedoch auch in der Emilia-Romagna.
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Angesichts so vieler leckerer Lebensmittel wundert es nicht, dass es in der Emilia-Romagna auch viele leckere Gerichte gibt. Vor allem die vielen (Schweine-) Fleischprodukte werden gern als Antipasto genutzt: sei es als Affettati misti (gemischter Aufschnitt als Platte) oder als Belag. Belegen kann man damit nicht nur Crostini, sondern v.a. spezielle focaccia-artige Brote wie die Piadina (ein hefeloses Fladenbrot der Romagna), Crescentine nelle tigelle (gebackene Hefefladen) oder Gnocco fritto (frittierter Hefefladen). Solche brotartigen Faden sind sehr beliebt in der Region, werden aber nicht nur als Antipasto gegessen, sondern können in entsprechender Menge auch eine ganze Mahlzeit (Piatto unico) darstellen. Vor allem aber werden sie gern als Spuntino, als Häppchen zwischendurch, gegessen. Auch salzige Torten wie Erbazzone (Mangoldtorte) oder Scarpazzone (ähnlich) können als Antipasto aufgeschnitten werden. Eine Spezialität aus Reggio Emilia sind Chizze reggiane, mit Parmesan oder Grana Padano gefüllte Teiglinge, die frittiert werden. Weitere Antipasti stellen oft Kombinationen der bereits vorgestellten Lebensmittel dar, z.B. Parmigiano all’aceto balsamico (Parmesan mit Aceto balsamico), oder es werden solche mit Gemüse kombiniert, z.B. Prosciutto di Parma con melone (Parmaschinken mit Melonen) oder Zuccini con mousse di mortadella (Mortadella mit Zucchini). Oder ein solches Lebensmittel wird auf besondere Weise variiert, etwa in Gestalt der Funghi porcini sott’olio (eingelegte Steinplize).
Angesichts der schon oben vorgestellten vielen Nudelspezialitäten verwundert es nicht, wenn die Primi natürlich vor allem Nudelgerichte sind, von denen einige oben schon vorgestellt wurden. Aber auch Reis spielt in der Emilia-Romagna durchaus eine Rolle, denken wir an Risotti mit Parmesan (Risotto alla parmgiana), mit Steinpilzen (Risotto ai funghi porcini), mit Spargeln (Risotto agli asparagi) oder mit Aal (Risotto alle anguille). Ein wichtiges Reisgericht der Region ist die Bomba di riso, eine leckere Reistorte, unter deren vielen Zutaten natürlich auch Schweinefleisch in verschiedenen Ausformungen ist. Auch Suppen gibt eine einige. Zu den bekannteren gehören die Minestra di spinaci aus Modena oder die Zuppa ai funghi porcini (Steinpilzsuppe).
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Bei den Secondi auf Fleischbasis fällt uns auf, dass es in Anbetracht des Stellenwerts, den die Schweineproduktion und -verarbeitung in der Region hat, verwundert, dass es kein deutlich herausragendes Schweinefleischgericht gibt, sieht man mal von den schon genannten Gerichten Zampone (Schweinefuß) und Cotechino (Wurst) ab. Für beide Gerichte werden ja eher Fleischreste verwertet, und so fragen wir uns, wo denn die edlerern Fleischstücke bleiben? Es kann doch nicht alles zu hochwertigen Schinken verarbeitet werden… Leckere Fleischgerichte mit Rindfleisch lassen sich eher finden, etwa als Rinderschmorbraten (z.B. als Stracotto alla parmigiana, Stracotto alla piacentina oder Stracotto romagnolo), als Rouladen (z.B. Involtini di vitello alla bolognese) oder auch als Schnitzel (z.B. Scaloppine di vitello alla bolognese oder Scaloppine al aceto balsamico). Mit Balsamico-Essig veredelt man auch gern im hügeligen Hinterland von Modena das Kaninchen (Coniglio all’aceto balsamico). Ebenfalls mit einem lokalen Produkt, nämlich Amarena-Kirschen, variiert werden Wachteln (Quaglie all’amarena). Auch Truthahn kommt öfter auf den Tisch, etwa als Tacchino alla bolognese. Fleischstücke von verschiedenen Tieren nutzt man für den (lange zu kochenden) Bollito misto. Nicht jedermanns Sache dürften Fleischgerichte vom Pferd (wie Cavallo con peperoni aus Piacenza) oder Esel (wie Stracotto d’asinina, ebenfalls aus Piacenza).
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Neben Secondi auf Fleischbasis gibt es natürlich auch Fisch. In der Provinz Ferrara dominiert der schon genannte Aal, der auf verschiedene Weise zubereitet wird (z.B. Anguilla alla griglia, Anguilla allo spiedo, oder Anguilla in umido). Auch Stör findet man dort manchmal, z.B. als Storione in umido alla ferrarese. Ansonsten bietet die Küste die üblichen Fischgerichte, unter denen besonders erwähnenswert die reichhaltige Fischsuppe Brodetto di pesce alla romagnola ist. Vegetarische Secondi gibt es natürlich auch. Ein auch in der nationalen Küche vertretenes Gericht ist die Parmigiana di melanzane, ein Auberginen-Auflauf, für den die Emilia die Urheberschaft für sich beansprucht. Desweiteren bereitet man bspw. klasssische Gerichte, etwa die Frittata (Omelett) mit lokalen Produkten zu, etwa mit den Schalotten der Romagna (IGP) als Frittata di scalogni. Ähnlich verfährt man bei den Beilagen (contorni). So finden sich auf der Contorni-Speisekarte oft Gerichte, die durch Variationen klassischer Gemüsesorten mit speziellen lokalen Lebensmitteln gekennzeichnet sind. Beispielsweise wird Aceto balsamico gern kombiniert mit Tomaten (Pomodori all’aceto balsamico) oder Zwiebeln (Cipolle fritte all’aceto baslsamico). Und der Spargel, vorzugsweise der grüne aus Altedo (BO), wird natürlich mit Parmesan gegessen (Asparagi alla parmigiana).
Dieses Prinzip des Kombinierens findet sich auch teilweise bei den Dolci, etwa wenn Aceto balsamico mit Eiscreme (Gelato all’aceto balsamico) oder Erdbeeren (Fragole all’aceto balsamico), Amarena-Kirschen mit Eiscreme (Gelato all’amarena) serviert werden oder eine Mürbeteig-Crostata mit den hervorragenden Süßkirschen der Region belegt wird (Crostata di ciliegie all’emiliana). Gebackene Dolci haben überhaupt einen hohen Stellenwert in der Region. Neben der klassischen Ciambella, einem Kranzkuchen, sind z.B. zu nennen die Torta Barozzi (mit Mandel, Schokolade und Rum), die Torta di tagliatelle (mit Mandeln und Tagliatelle) und die Torta di riso (mit Mandeln, kandierten Früchten Amaretto und Reis). Hinzu kommt Kleingebäck, das oft aus Anlass eines Heiligenfests gebacken wird, wie z.B. die Scarpette di Sant’Ilario oder die Tortelli di Sant’Agnese, beides Mürbeteiggebäck. Eher in Richtung eines Gewürzkuchens gehen die zur Weihnachtszeit genossenen Spongata und Pampapato.
Unter den Alkoholika sind hervorzuheben sind vor allem der rote, in der Emilia dominante Lambrusco, der sein Billig-Wein-Image abgelegt hat und in verschiedensten Qualitätsstufen (auch DOC) erhältlich ist. Ebenfalls teilweise DOC-Weine sind der rote Sangiovese di Romagna und der weiße Trebbiano di Romagna. Eine bekannte Spirituose ist der Nocino, ein Nuss-Schnaps aus Modena.
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Zur Vertiefung: | |
– Lebensmittel-Museen in der Emilia-Romagna | |
– Kriminalromane aus der Emilia-Romagna |
Rezepte aus der Emilia-Romagna
Willst du mehr über Regionalküchen wissen, dann findest du hier noch
- einen Beitrag über mögliche Ursachen der Entstehung regionaler Küchen in Italien
- eine Karte zur Auswahl einer anderen Region und deren typische Rezepte
- ein Verzeichnis aller regional nicht genau zuzuordnenden Rezepte
- Vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Regioni_d’Italia (Letzter Zugriff: 06.08.2021)↵
- Vgl. https://en.unesco.org/creative-cities/parma (Letzter Zugriff: 06.08.2021)↵
- Pizza, bufala e cannoli. Ecco cosa preferiscono gli italiani in vacanza; in: Corriere della Sera, 01.08.2018; online: https://www.corriere.it/cronache/18_agosto_01/pizza-bufala-cannoli-ecco-cosa-preferiscono-italiani-vacanza-6ed15940-9574-11e8-819d-89f988769835.shtml (Letzter Zugriff: 06.08.2021)↵
- Vgl. https://www.consorziovaccherosse.it/de/2016/07/die-geschichte-vom-parmigiano-reggiano-eine-lange-tradition/ (Letzter Zugriff: 06.08.2021)↵
- Vgl. https://www.prosciuttodiparma.com/il-consorzio/ (Letzter Zugriff: 06.08.21)↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
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matta@a-i-k.de
Ich bin seit 50 Jahren Italienfan, habe per Zufall diese tolle Seite entdeckt. Ich habe bisher im Netz keine Seite gefunden, die nur in annähernd soviel Hintergrundwissen und tolle Rezepte hat. Danke für die tollen Informationen und die ganze Arbeit.
Walter Bluhm
Liebe Matta,
vielen Dank für die wunderbare Seite mit verschiedensten Rezepten. Im Urlaub in Cervia und Bertinoro habe ich mich wieder mit leckeren Spezialitäten eingedeckt. Neben dem sale dolce aus der Saline von Cervia ist der Cagnina, ein Rotwein mit nur 9% Alkohol eine besondere Empfehlung. Das Salz macht auch die cozze zu einem besonderen Genuss. Aktuell erfreue ich mich an Granatäpfeln und Feigen, von denen ich bisher nicht wusste, dass sie dort in Kultur und sogar wild wachsen.
Beste Grüße
Christian
Liebe Matta
Vielen lieben Dank für diese super vielen Informationen zur Emilia-Romagna. Wenn es einen Preis für den besten Koch-Blog gäbe, würdest du den abräumen. 😄
Liebe Grüsse
Martin
Lieber Martin,
danke!!!
Vielleicht stiftet ja mal ein Leser einen Preis …? 😉
LG Matta