Bekanntlich lieben die Italiener Pasta. Diese wird in -zig Formen hergestellt, schmeckt aber “ohne alles” nur begrenzt. Pasta will begossen werden, und zwar von einer Sauce. Die Namen der Saucen beinhalten meist einen Verweis auf die Hauptzutat(en), doch die Saucen unterscheiden sich auch hinsichtlich des benutzten Begriffs für das Wort Sauce. Da gibt es z.B. Salsa, Sugo, Ragù, Pesto, Paté, Crema, Vellutata, Mousse und anderes. Wo also liegen die Unterschiede?
Versuchen wir es systematisch: Saucen sind mehr oder weniger flüssig und beinhalten Aromen. Im Italienischen ist Salsa der Oberbegriff für Saucen. Damit meint man hinsichtlich des Verwendungszwecks nicht nur Saucen, die Pasta, Fleisch oder Fisch begleiten, sondern auch solche für Salate, für Süßspeisen, als Aufstrich für Corostini und Tramezzini usw. Kein Wunder, dass sehr viele Saucen den Begriff Salsa beinhalten.
Konzentriert man sich hinsichtlich des Verwendungszwecks auf die Pasta-Saucen, so kristallisiert sich im Sprachgebrauch v.a. eine Differenzierung nach Zutaten heraus. Die Mutter aller Pasta-Saucen ist zweifelsohne die Salsa di pomodoro. Wie der Name schon sagt, enthält sie zwingenderweise Tomaten(mark) als Hauptbestandteil. Abgeleitet von der Salsa di pomodoro sind die diversen Sughi (Singular: sugo), die neben einem mehr oder weniger ausgeprägten Tomatenanteil andere Zutaten enthalten, z.B. Auberginen beim Sugo alla Norma, oder Guanciale (durchwachsener Schweinebackenspeck) beim Sugo all’ amatriciana.
Hinsichtlich der Abgrenzung der Begriffe Salsa und Sugo gibt es neben dem zuvor genannten, bei dem die tomatenhaltigen Sughi gewissermaßen eine Untergruppe der Salse sind, einen zweiten Ansatz, der die beiden Saucen hinsichtlich der Konsistenz unterscheidet. Danach wäre ein Sugo di carne (dt: Fleischsauce) kompakter, weniger flüssig als eine Salsa di sugo di carne (dt: ebenfalls Fleischsauce), bei der ein Sugo di carne durch Hinzufügen von z.B. Eigelb, Zitronensaft oder Brühe etwas flüssiger gemacht wurde.
Enthält eine Sauce neben Tomaten auch Fleisch, so kann sie auch Ragù genannt werden. Dies ist z.B. bei den beiden großen Fleischsaucen der italienischen Küche der Fall: Beim Ragù alla bolognese und dem Ragù alla napoletana. Aber bei der Verwendung von Fleisch als Zutat ist die Benennung als Ragù eben auch nicht zwingend, wie wir am Beispiel des Sugo all’ amatriciana oben gesehen haben. Zudem wird der Begriff Ragù nicht nur für fleischhaltige Saucen benutzt, sondern für auch Fisch beinhaltende Saucen, bspw. für Ragù di spigola (Seebarsch). Auch hier ist die Benennung mit Ragù nicht zwingend, wie man bspw. an dem Sugo di tonno (Thunfisch) sehen kann.
Auf dem deutschen Lebensmittelmarkt lässt sich seit einiger Zeit der Trend feststellen, dass die Hersteller alle möglichen Pasta-Soucen unter dem Begriff Pesto zu verkaufen versuchen. Vermutlich den Erfolg des mittlerweile auch hier geschätzten Pesto alla genovese sich zu Nutzen machend, wird so ziemlich alles, was sich über Nudeln kippen lässt, Pesto genannt. Das ist natürlich ebenso schlecht (weil falsch) wie der Geschmack dieser Sößchen, denn ein Pesto ist eigentlich eine Sauce, die aus rohen (it.: crudo), d.h. ungekochten Zutaten besteht. Und zu diesen Salse crude gehören (neben Mayonnaise, Senfsoße und anderen) eben auch die Pesti wie Pesto alla genovese, Pesto alla trapanese usw. Auch hier gilt, dass nicht jede Sauce, bei der ausschließlich rohe Zutaten verwendet werden, zwingend pesto genannt wird, wie bspw. die Salsa alla menta (Pfefferminz) verdeutlicht.
Während der Begriff Pesto also eher auf eine bestimmte Zubereitungsweise schließen lässt, gibt es andererseits auch Bezeichnungen für Saucen, die eher auf einen Verwendungszweck verweisen. Z.B. Paté: Der aus dem Französischen übernommene Begriff Paté bedeutet eigentlich eine Mischung aus gehackten, durchgedrehten oder im Mörser zerkleinerten Zutaten. Während das klassische Paté Fleisch oder Fisch enthält und nicht als Sauce, sondern in eher fester Form hergestellt wird, wird der Begriff im Italienischen auch für vegetarische, dickflüssige Saucen benutzt, die nicht unbedingt als Pasta-Sauce gedacht sind, sondern in streichbarer Konsistenz v.a. als Aufstiche für Crostini und Tramezzini, z.B. Paté di carciofi (Artischocken). Dieses Paté könnte allerdings auch ebensogut Crema di carciofi genannt werden. Denn auch wenn der Begriff Crema v.a. im Konditoreiwesen (z.B. als Crema pasticciera) oder auch für Suppen benutzt wird, so werden damit doch auch einige vegetarische, dickflüssige Saucen benannt, die vom Verwendungszweck her wiederum als Aufstrich oder auch als Nudelsauce bestimmt sind. Enthält eine crema für diesen Verwendungszweck Mehl zum Binden, spricht man von einer Vellutata. Darunter versteht man zwar eigentlich in der italienischen “Saucenlehre” eine der (je nach Definition) vier oder fünf Grundsaucen, nämlich eine Mehlschwitze aus Kalbs- oder Hühnerfond, Mehl, Butter und Salz. Doch in unserem Zusammenhang sind die Vellutate di verdura interessant, bei denen Gemüse, oft unter Hinzufügen von Sahne, mit dieser Grundsauce zu einem samtartigen (it. velluto = dt. Samt) Püree vermengt wird. Vellutate sollten also Mehl enthalten, tun dies aber auch nicht immer. Und noch verwirrender: Vellutata können auch cremeartige Süßspeisen genannt werden. Solche cremartigen Süßspeisen heißen, wenn sie denn aufgrund der Verwendung von geschlagener Schlagsahne eine lockere, schaumige Konsistenz aufweisen, auch Mousse. Aber auch so zubereitete salzige Speisen auf der Basis von pürierten Gemüsen oder Fleisch werden Mousse genannt. Mit Vellutate und Mousse haben wir aber eigentlich den Bereich der Saucen im engeren Sinne verlassen: Nicht nur aufgrund der relativ festen, jedenfalls nicht flüssigen Konsistenz, sondern auch, weil diese beiden “Saucenarten” nichts mehr begleiten oder verfeinern (wie Pasta oder Crostini) sondern eine eigenständige Speise darstellen.
Wir können also festhalten, dass die Konsistenz dieser Saucenvarianten von flüssig bis mehr oder weniger fest variiert. Namensbestimmend für diese Saucen im weitesten Sinne sind Herstellungsweisen ebenso wie Zutaten. Aber auch der Verwendungszweck ist manchmal aus der Benennung der Sauce abzuleiten. Allerdings besteht keine feste Systematik bei der Benennung, da es sich ja um in Jahrhunderten herausgebildete Kochtraditionen handelt und nicht um einen Versuch der systematischen wissenschaftlichen Klassifizierung.
Abschließend noch einen Hinweis in eigener Sache. Das Rezept Ragù alla bolognese findet man in diesem Blog ebenso wenig wie das Rezept Pesto alla genovese. Das liegt daran, dass ich vor allem zur Begleitung von Pasta genutzte Saucen jeweils einem Gericht zuordne und nicht gesondert als solche behandle. So findet man das Ragù alla bolognese unter Tagliatelle alla bolognese und das Pesto alla genovese unter Trofie al pesto alla genovese, weil dies die Nudelsorten sind, mit denen die Saucen typischerweise gereicht werden. Ebenso finden sich Creme, Patés usw., die als Aufstiche für Crostini gedacht sind, nicht z.B. unter dem Namen Crema di asparagi e patate sondern unter Crostini con crema di asparagi e patate im Menü Antipasti.
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
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