Sise delle monache
Brüste der NonnenZutaten
- 90 g Weizenmehl (405 / 00)
- 40 g Speisestärke (Kartoffel)
- 90 g Zucker
- 8 g Vanillezucker oder eine halbe Vanilleschote
- 4 Eier
- 0,5 Zitronenschale Schale von 0,5 Zitrone
- 1 Pr. Salz
- 500 g Crema pasticciera vgl. Rezept
- 5 g Puderzucker
Anleitung
- Gemäß der im Rezept Crema pasticciera beschriebenen Anleitung zunächst 500 g Creme herstellen, auf Zimmertemperatur abkühlen lassen, dann mit Frischhaltefolie abdecken und für eine Stunde in den Kühlschrank stellen, damit die Crema noch fester wird.
- Die Eier in Eigelb und Eiweiß trennen.
- Mit dem elektrischen Handrührgerät das Eiweiß ziemlich steif schlagen. Dann schrittweise zwei Drittel des Zuckers hinzugeben und ein paar Miunten weiter schlagen, bis die Masse ziemlich hart und kompakt ist.
- Zitronenschale abreiben.
- In einer anderen Schüssel mit dem elektrischen Handrührgerät das Eigelb mit dem verblieben Drittel Zucker, dem Vanillezucker, der Zitronenschale und einer Prise Salz schaumig schlagen.
- Das Mehl und die Speisestärke portionsweise in das Eigelb einrühren. Gut vermengen, so dass keine Klumpen entstehen.
- Die Eigelb-Mehl-Mischung nun in die Schüssel mit dem Eiweiß geben und ganz vorsichtig von unten nach oben rührend mit einem Holzlöffel vermengen. Dabei darf das Volumen des Eiweiß' durch zu starkes Rühren nicht wieder reduziert werden - die Sise enthalten weder Hefe noch Backpulver und sollen schön luftig werden.
- Den Teig in einen Spitzbeutel füllen, diesen mit einer glatten Tülle versehen und dann den Teig auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech spritzen. Dabei jeweils drei möglichst hohe, sich berührende Erhebungen nebeneinander spritzen. Darauf achten, dass die Spitzen nicht seitlich wegkippen. Der Durchmesser aller drei Erhebungen sollte in etwa 9 cm betragen.
- Die Sise bei 210 ° ca. 10-15 Minuten im Backofen backen (ggf. abdecken, wenn sie zu stark bräunen).
- Nach dem Backen die Backofentür ganz öffnen, ein paar Minuten warten und dann die Sise herausnehmen und auf einem Gitter ganz abkühlen lassen.
- Die Sise horizontal durchschneiden, auf die untere Hälfte Crema pasticciera aufbringen und dann den Deckel mit den drei Wölbungen aufsetzen.
- Mit Puderzucker bestreuen und servieren.
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Rezept-Hinweise
Nährwerte
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Ja, die Bezeichnungen für manches italienische Gericht stammen oft noch aus Zeiten, als political correctness tatsächlich noch ein Fremdwort war. Insbesondere weibliche Brüste, sise im örtlichen Dialekt[1], rangieren auf der Liste der eigentlich inadäquaten Bezeichnungen weit oben, denken wir an die Minne di Sant’Agata oder an die hier vorgestellten Sise delle monache. Diese gibt es zudem in zwei Varianten: Neben den Sise aus Guardiagrele (CH) sind Sise auch in Apulien bekannt, wo sie angeblich um 1500 in einem Klarissinnen-Kloster in Altamura, wo auch das bekannte Pane di Altamura herstammt, entstanden sein sollen.
Das Dolce auf der Basis von Biskuit (Pan di Spagna) aus den Abruzzen scheint wie sein Pendant aus Apulien auch einem klösterlichen Kontext zu entstammen, nämlich dem Klarissinnen-Kloster in Guardiagrele, jedenfalls lautet so eine der Entstehungshypothesen, was auch gleichzeitig (bedingt) den Namen erklären würde. Und mehr: Auch die abruzzesischen Sise delle monache sollen – wie die sizilianischen Minne – zu Ehren von Sant’Agata entstanden sein.
Doch es gibt noch zwei weitere Erklärungsansätze für den ungewöhnlichen Namen. In einer dieser Hypothesen wird von einer Nonne berichtet, die, um möglichst züchtig zu erscheinen, ihre Brüste zu kaschieren versuchte und deshalb zur “Neutralisierung” ihrer Oberweite ihren BH (oder was man damals trug) ausgestopft hatte – und so allerdings scheinbar mit drei Brüsten versehen war, was der typischen Form der abruzzesischen Sise ähnelt, die drei Erhebungen aufweisen. Ob diese Absicht gelang oder eher ein “Hingucker” die Folge war, ist angesichts des nachstehenden Cartoons fraglich.
Der dritte Ansatz zur Erklärung des Namens bezieht sich ebenfalls auf die drei Erhebungen, deutet diese allerdings als Berggipfel. Aber auch da gibt es zwei Lesarten: Manche deuten sie als die teilweise entfernter liegenden Gipfel der drei höchsten Berge des Appenins (Gran Sasso d’Italia, Majella und Sirente-Velino)[2], andere hingegen als die drei höchsten Gipfel des von Guardiagrele aus sichtbaren Majella-Massivs (Monte Amaro, Monte Acquaviva und Monte Focalone).[3] Welche Berge auch immer gemeint sein mögen, in jedem Fall erklärt dieser Ansatz, weshalb das Dolce mitunter auch mit dem (weniger geläufigen) Namen Tre Monti bezeichnet wird.
Wohl aufgrund des ungewöhnlichen Namens und des leckeren Geschmacks sind die Sise italienweit bekannt[4], tragen das PAT-Siegel und sind auch in die Arca del gusto von Slowfood aufgenommen[5]. Sie werden jedoch ausschließlich in Guardiagrele produziert, und zwar von zwei Pasticcerien. Die eine ist die Pasticceria Palmerio. Ende des 19. Jahrhunderts soll ein gewisser Filippo Palmerio das Rezept von den Klarissinnen des örtlichen Ordens erhalten haben und sich auf das Backen der Sise verlegt haben. Die Pasticceria gibt es noch heute, ist jedoch mittlerweile von jemand außerhalb der Familie Palmerio übernommen worden. Der zweite Ort, an dem die Sise produziert werden, ist die an der Via Roma fast gegenüberliegende Pasticceria Lullo. Diese wurde (offenbar nach 1913)[6] gegründet durch einen Bruder des schon genannten Filippo Palmerio, wechselte jedoch den Namen, als sie aufgrund der eigenen Kinderlosigkeit an einen Neffen namens Emo Lullo weitergereicht wurde. Seitdem blieb die Pasticceria in der Hand der Familie Lullo und der heutige Inhaber heißt ebenfalls Emo Lullo. Dieser macht seine Sache so gut, dass seine Konditorei 2022 zu den TOP-50-Pasticcerien Italiens zählte.[7]
Erfreulich finde ich, dass beide Produzenten bislang dem Zeitgeist widerstanden haben. Die Herstellung erfolgt ausschließlich in Handarbeit, keine industrielle Fabrikherstellung, die z.B. den Panettone zwar weltbekannt, aber eben auch ziemlich beliebig gemacht hat. Sise bleiben ein Unikat, das man nur in Guardiagrele genießen kann (oder man backt es nach unserem Rezept selbst). Und auch keine “Produktvariationen”: Emo Lullo berichtet, alle Vorschläge, die Füllung der Sise um Varianten mit Pistazien- oder Haselnuss-Creme zu variieren, bewusst in den Wind geschlagen zu haben – “Die Menschen, die hierher kommen, essen dasselbe, was ihre Großeltern gegessen haben.”[8] Basta. Und das schmeckt, wie wir aus eigener Erfahrung bestätigen können.
Hinsichtlich der Rezeptur halten sich die Produzenten natürlich ziemlich zurück. Allerdings verrät Emo Lullo, dass lediglich “normale” Zutaten bei der Herstellung der Sise und deren Füllung zum Zuge kommen. Mitunter im Internet auffindbare Mixturen wie farina africano[9] werden nicht verwendet. Doch die konkrete Herstellung der Sise bleibt ein wenig mysteriös. Wie wir oben im Rezept beschrieben haben, handelt es sich bei den Sise um ein Biskuittörtchen, das nach dem Backen geteilt und mit Crema befüllt wird. Dass das Endprodukt nicht im Ganzen gebacken wird (mit bereits befüllter Crema), zeigt auch unser obiges Foto einer Sisa aus der Pasticceria Palmerio. Gleiches ist bei den Sise aus der Pasticceria Lullo der Fall.[10] Mehrere im Internet veröffentlichte Rezepte zeigen hingegen im Ganzen gebackene Sise, wie etwa die eigentlich renommierte Fachzeitschrift La Cucina Italiana – wir vermuten, dass man das Rezept gar nicht ausprobiert hat und die Bildredaktion einfach zu einem Stockfoto (in diesem Fall ein identifizierbares Getty-Image)[11] gegriffen hat. Nicht sehr seriös.
Hier findest du mehr Rezepte aus den Abruzzen.
- Der Begriff sise tendiert bei einer Übersetzung ins Italienische bzw. Deutsche eigentlich weniger in Richtung seni (dt.: Brüste) als in Richtung des vulgären tette (dt.: Titten).↵
- Vgl. bspw. https://www.virtuquotidiane.it/enogastronomia/guardiagrele-alla-scoperta-delle-sise-delle-monache.html oder https://www.chietitoday.it/cucina/dolci-tipici-sise-delle-monache.html (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Vgl. bspw. https://www.italiaatavola.net/attualita-mercato/2024/5/17/sise-monache-scoperta-dolce-peccaminoso-guardiagrele/105041/ (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Die Sise werden z.B. genannt in Davide Paolini (Hrsg.): Enciclopedia dei Prodotti tipici d’Italia, Milano (Garzanti) 2005, S. 463 oder Paola Gho (Hrsg.): Dizionario delle cucine regionali italiane, Bra (Slow Food Editore) 2010, S. 648↵
- Vgl. https://www.fondazioneslowfood.com/it/arca-del-gusto-slow-food/sise-delle-monache-di-guardiagrele/ (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- 1913 sollen die Brüder noch gemeinsam erstmals eine Paticceria eröffnet haben – vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Sise_delle_monache (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Vgl. https://www.virtuquotidiane.it/enogastronomia/nasce-50-top-italy-pasticcerie-150-locali-selezionati.html (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Zit. n. https://www.cibotoday.it/storie/ricetta-sise-delle-monache-abruzzo.html (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- So bspw. auf https://www.agrodolce.it/tette-delle-monache-storia-e-tradizione-di-un-dolce-made-in-puglia (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Vgl. bspw. ein Foto, das wir aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht veröffentlichen dürfen. (Letzter Zugriff: 28.10.24)↵
- Das von La Cucina Italiana veröffentlichte Bild ist auffindbar unter https://www.gettyimages.de/detail/foto/sighs-typical-sweets-from-italy-lizenzfreies-bild/1363474430?adppopup=true (Letzter Zugriff: 28.10.24). Mal davon abgesehen, dass das Bild offenbar nicht das Resultat eigener Zubereitung zeigt, mag das Foto auch insofern falsch gewählt worden sein, als im Artikel drei unterschiedliche Dolci (Sospiri pugliesi, Tette delle monache [Apulien] und Sise delle monache [Abruzzen]) genannt werden, die dann aber zu einem Rezept zusammengefasst werden.↵
Wann und wo kommen Weizenmehl und Kartoffelstärke zum Einsatz?
Danke für ein feedback!
Danke für den Hinweis 🙂 ! War tatsächlich untergegangen … 🙁