Spaghetti all'assassina
Spaghetti auf Art der MörderinZutaten
- 170 g Spaghetti
- 75 g Tomatenmark
- 100 g Tomaten (polpa)
- 750 ml Wasser
- 2 Zehe Knoblauch
- 5 EL Olivenöl extra vergine
- 1 TL Peperoncino (gerebelt)
- Salz
Anleitung
- In einem Topf das Wasser zum Kochen bringen und das Tomatenmark einrühren. Die Sauce köchelnd halten.
- Das Öl in einer großen Pfanne (möglichst aus Eisen - s.u.) erhitzen, Peperoncino und Knoblauch hinzufügen und die Knoblauchzehen leicht anbräunen und dann entfernen.
- Die Tomaten-Polpa in die Pfanne geben (Achtung: spritzt etwas) und 2-3 Minuten bei etwas mehr als mittlerer Hitze köcheln.
- Leicht salzen.
- Dann die Spaghetti hinzufügen und gleichmäßig in der Pfanne verteilen. Sie sollten "in Reih' und Glied" eng aneinander liegen.
- Die Spaghetti sollen nun leicht anbräunen und krokant werden. Deshalb rührt man zunächst nicht um, sondern lässt die Spaghetti erst einmal einfach liegen, bis sie ein wenig anbrennen, und wendet sich dann, damit sie von der anderen Seite bräunen.
- Dann - wie beim Risotto-Kochen - kellenweise von der köchelnden Tomatensauce hinzugeben, wenn die Flüssigkeit weitgehend verkocht ist. Dabei ab und zu umrühren, aber nicht permanent. Vor allem versuchen, durch das Anbraten aneinander klebende Spaghetti wieder zu trennen.
- Wenn die Spaghetti al dente sind, ggf. noch etwas nachsalzen und dann servieren.
Koch-Modus | verhindert Abdunkeln des Bildschirms (Ruhezustand) während des Kochens (browserabhängig). |
Rezept-Hinweise
Primitivo Salento (Mocavero)
Zu diesem Gericht empfehlen wir einen samtigen Primitivo.
Weitere Informationen zu diesem Wein ...
Nährwerte
Klicke hier, um persönliche, private Notizen zum Rezept hinzuzufügen.
Wer hofft, hier die ultimative Anleitung zu finden, sein Ehegespons diskret “um die Ecke” bringen zu können, der fehlt: Spaghetti auf Art der Mörderin ist kein Giftmischer-Rezept, um offenbar gescheiterte Beziehungen zu beenden, die Erbfolge zu korrigieren o.ä., sondern gemeint ist mit dem Namenszusatz all’assassina (it.: assassina, dt.: Mörderin) wohl eher eine positive Bewertung, zu übersetzen mit so etwas wie mörderisch gut oder (neudeutsch) hammermäßig. Jedenfalls besagt eine der auch in diesem Fall nicht fehlenden Entstehungslegenden, ein Gast habe den Koch mit den Worten “Sei un assassino” (dt.: Du bist ein Mörder) gelobt. Einer anderen Legende zufolge fanden die Besitzer des Restaurants Al Sorso Preferito in Bari Ende der 60er Jahre per Zufall ein handschriftlich verfasstes Rezept für dieses Gericht in einem Nachbarhaus, einer ehemaligen Rosticceria, und probierten es aus. Aber vermutlich gibt es das Gericht schon länger, vielleicht unter dem Namen Spaghetti bruciacchiati (dt.: angebrannt), wie es auch mitunter genannt wird. Manchmal wird die Benennung auch auf auf die Schärfe des Gerichts (Peperoncino!) zurückgeführt, oder auch auf den Umstand, dass die Nudeln bei dieser Kochmethode leiden müssten, eben wie bei einem Mord.
Auf jeden Fall gehören Spaghetti all’assassina in Bari zu den lokal verbreiteten Gerichten. Und dass das Rezept tatsächlich dort verwurzelt ist, belegt die populäre italienische Krimireihe Le indagini di Lolita Lobosco, die in Bari spielt und aus der Feder der Krimiautorin Gabriella Genisi stammt. Der fünfte Band der Reihe[1] um die Kommissarin Lolita Lobosco trägt nämlich den Titel Spaghetti all’assassina – es geht um den Mord an einem Koch, der dieses lokale Rezept besonders gut zubereiten konnte. Verfilmt ist die Krimireihe übrigens auch: Die Spaghetti all’assassina sind hier die dritte Folge der ersten Staffel (z.Z. noch in der Mediathek der RAI (auf Italienisch) abrufbar).
Auf den ersten Blick scheint Spaghetti all’assassina ein gewöhnliches Spaghetti-mit-Tomatensauce-Rezept zu sein. Mal abgesehen davon, dass etwas mehr Knoblauch und Pfeffer / Peperoncino im Vergleich zu den Spaghetti alla napoletana benutzt werden, ist das eigentlich Besondere aber die Zubereitung: Die Spaghetti werden nämlich nicht in Wasser gekocht und dann mit der Tomatensauce serviert, sondern die Pasta wird in der Tomatensauce selbst gekocht und soll dabei auch noch leicht anbrennen, um etwas krokant zu werden. Kochtechnisch also eine Herausforderung, die sich jedoch angesichts unseres gut beschriebenen Rezepts bewältigen lässt 😉 .
Spaghetti all’assassina ist kein light-Gericht! Es braucht ziemlich viel Öl in der ersten Phase des Kochens, wenn die Spaghetti etwas anbräunen sollen, weshalb man hier auch von der Phase der figgitura spricht. Dies sollte nach Meinung der Experten am besten in einer Pfanne aus Eisen geschehen, wo das Anbräunen am besten gelingt, doch in einer Teflon-Pfanne hat es bei uns auch geklappt. Wichtig ist nur, dass die Spaghetti während der Anbräunphase nicht kreuz und quer in der Pfanne liegen, sondern schön nebeneinander, damit auch alle Nudeln Kontakt mit dem Pfannenboden haben und so etwas anbräunen können. Deshalb sollte die Pfanne auch einen möglichst großen Durchmesser (36 cm ⌀) haben, um die Spaghetti der Länge nach aufnehmen zu können. Alternativ kann man natürlich (wenn auch etwas stilwidrig) die Spaghetti einmal durchbrechen, um sie in einer kleineren Pfanne platzieren zu können. Der notwendige Kontakt mit den Pfannenboden macht auch deutlich, weshalb das Gericht nicht ohne weiteres nach oben skalierbar ist – um die Spaghetti für z.B. 8 Personen in der Pfanne platzieren zu können, bräuchte man eine Riesen-Pfanne.
Die eigentliche Kunst besteht im Anbräunen: Die Pasta sollte ein wenig krokant werden, aber nicht kohlrabenschwarz anbrennen und andererseits aber auch nicht zu wenig Farbe bekommen. Letztlich ist dies aber auch eine Geschmackssache, nur sollte man in dieser Phase den Kochprozess gut beobachten und gemäß der eigenen Vorlieben steuern. Hat das Anbräunen geklappt, kleben die einzelnen Nudeln aneinander und man ist beim weitern Kochen intensiv damit beschäftigt, sie wieder mit einem hölzernen Pfannenwender voneinander zu trennen.
Bei der Durchsicht der verschiedenen Rezepte zu Spaghetti all’assassina ist uns aufgefallen, dass Kräuter – und insbesondere Basilikum, ohne das die neapolitanische Variante nicht denkbar ist – in keinem Rezept auftauchen. Allenfalls wird als Brühe ein verdünntes Tomatensugo benutzt, in das sich eine Zwiebel verirrt hat, aber ansonsten: keine Spur von Kräutern. Es geht tatsächlich bei den Spaghetti all’assassina um den intensiven Tomatengeschmack, den die Pasta während des Kochens durch die Flüssigkeitsaufnahme erhält. Wir haben dem Tomaten-Purismus Rechnung getragen und uns erfolgreich der Versuchung widersetzt, auch nur ein kleines Blättchen Basilikum zur Deko beim Fotografieren auf die Pasta zu legen. Und dieser Purismus wird auch nicht durch den ansonsten obligatorischen geriebenen Hartkäse gebrochen: Von Parmesan oder Grana gibt es ein den einschlägigen Rezepten ebenfalls keine Spur. Aber auch hier entscheidet natürlich letztendlich der persönliche Geschmack.
Zu betonen ist, dass es sich bei den Spaghetti all’assassina nicht um ein Resteessen im Sinne einer Verwertung von übrig gebliebenen Spaghetti handelt, die in der Pfanne erwärmt werden. Das kann man natürlich auch machen, nur ist für unser Pastagericht bzw. dessen Gelingen wichtig, dass die Nudeln auch tatsächlich in Tomatensauce garen.
Dass das tomatenintensive Rezept für Spaghetti all’assassina aus Apulien stammt, verwundert nicht, wurden doch dort 2021 mit fast 1,5 Mio. t mehr als 50 Prozent der in Italien für die industrielle Weiterverarbeitung angebauten Tomaten geerntet.[2] Tomatenfelder bestimmen über weite Stecken die apulische Landschaft. Und dort ist wohl auch die Ausbeutung im Rahmen der Ernte am höchsten: die meist aus Afrika stammenden Erntehelfer, die sich oft ohne gültige Papiere auf den Feldern Apuliens verdingen, werden schlecht bezahlt und hausen unter lebensunwürdigen Umständen (vgl. z.B. ZDF-Kurzbericht). Deren Lebensrealität hat vermutlich nicht viel gemein mit den im Mutti-Werbevideo Tomatenernte in Italien erleben geschilderten Bedingungen.
Nachschlag (26.07.24): Ehrlich gesagt hat es uns gewundert, dass Spaghetti all’assassina seit Monaten einen der vorderen Plätze der auf unserer Site meist aufgerufenen Beiträge belegt (vgl. die TOP 20 in der Sidebar)! Wenn wir noch ehrlicher sein sollen: Wir würden das Rezept allenfalls mit 1 Stern bewerten! Woher also das Interesse unserer Leserinnen und Leser an diesem für unseren Gaumen nicht sehr schmackhaften Gericht? Nach der Lektüre eines Artikels von Kathrin Hollmer in der Süddeutschen ist es uns klar: Spaghetti all’assassina ist der “Pasta-Hype der Stunde”[3] und wird wohl durch irgendwelche Influenzer auf irgendwelchen SocialMedia-Kanälen gepusht.[4] Und dieses dort entfachte Interesse schlägt sich wohl auch bei uns nieder. Na gut – wir fürchteten schon um die Geschmackskompetenz unserer Besucher. Auf jeden Fall empfehlen wir allen Assassina-Fans, es doch einmal mit den Spaghetti alla napoletana zu versuchen – vielleicht dämpft dies den Assassina-Enthusiasmus?
Hier findest du mehr Rezepte aus Apulien.
- In Deutsche übersetzt wurde bislang nur der erste Band der Reihe und erschien 2012 unter dem Titel Das Geschenk des Mörders bei Goldmann.↵
- Vgl. https://terraevita.edagricole.it/seminativi/foggia-per-il-pomodoro-da-industria-bilancio-negativo/ (Letzter Zugriff: 09.10.23)↵
- Süddeutsche Zeitung v. 04.05.24↵
- Mit Ausnahme eines Verweises auf einen Influenzer namens Stanley Tucci bleibt die Autorin allerdings leider ziemlich vage.↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 26. Juli 2024
Wird die Seite ganz oder in Teilbereichen nicht richtig angezeigt, freuen wir uns über einen kurzen Hinweis an
matta@a-i-k.de