Die Zitronatzitrone ist die älteste in Europa bekannte Zitronensorte und wird nicht nur zur Herstellung von Zitronat benutzt. Angebaut wird sie in Italien vor allem in Kalabrien und Sizilien.
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Die Zitronatzitrone ist geschmacklich so lecker wie ihr Name sperrig ist, nämlich sehr! Aber bevor wir zum Geschmack kommen, bleiben wir beim Namen: Der wisssenschaftliche Name Citrus medica L. und die italienische Bezeichnung cedro sind wesentlich einfacher als das deutsche Zitronatzitrone. Erliegt man der Versuchung, zur Benennung im Deutschen den Begriff Zeder zu benutzen, wie es teilweise durchaus üblich ist, riskiert man eine Verwechselung mit dem kiefernartigen Nadelbaum gleichen Namens (wiss.: Cedrus).
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Wenn die deutsche Bezeichnung dieser Zitronensorte auch ein wenig holprig ist, so gibt die Bezeichnung Zitronatzitrone doch ganz gut die Hauptnutzungsart dieser Frucht an, denn sie wird großteils zu Zitronat (Sukkade) verarbeitet, indem man die sogenannte Albedo, also die weiße Schale zwischen der äußeren gelben Schale und dem Fruchtkörper, kandiert. Allerdings ist nicht alles, was unter dem Namen Zitronat verkauft wird, tatsächlich aus der Zitronatzitrone hergestellt: “Häufig werden für Sukkade nicht Cedro-Schalen, sondern billigere Melonen oder Kürbisse kandiert.”[1] Um sich nicht von der Lebensmittelindustrie austricksen zu lassen, sollte man also das Kleingedruckte lesen.
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Geschmacklich unterscheidet man zwei Hauptarten: Das Fruchtfleisch ist entweder tendenziell eher sauer-bitter oder eher süß. Da jedoch der eigentliche Fruchtköper im Verhältnis zur Gesamtgröße der Früchte relativ klein ausgebildet ist, die Menge des Fruchtfleischs also gering ist, ist ein anderes Merkmal zur Unterscheidung geeigneter, nämlich die Beschaffenheit der Albedo, die immer ziemlich dick ist. Besonders bei der an der Westküste Kalabriens an der Costa del Cedro angebauten Sorte Diamante (benannt nach dem dortigen Städtchen) gilt die weiße Schale als besonders saftig und genießbar, weshalb die Früchte größtenteils kandiert werden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist natürlich die äußere Form der Früchte. Von anderen Zitronenarten unterscheiden sich die Zitronatzitronen besonders durch ihre wellige, warzige Oberfläche, wobei sie tendenziell etwas größer als „normale“ Zitronen sind. Einzelne Sorten können sogar Früchte mit bis zu 25 cm Länge und einem Gewicht von bis zu 4 kg hervorbringen. Aber auch innerhalb der Zitronatzitronen sind von der Form her unterschiedliche Varietäten zu beobachten. Am auffälligsten ist vermutlich die Citrus medica var. Sarcodactylus, umgangssprachlich Buddhas Hand genannt. Während bei den anderen Zitronatzitronen die 10 bis 13 Segmente des Fruchtkörpers aneinander liegen, sind sie bei dieser Sorte einzeln von der Schale ummantelt, was entfernt an die Finger einer Hand erinnert.
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Der zweite Namensbestandteil der Sorte Buddhas Hand verweist auf den Buddhismus, wo die Zitronatzitrone als Opfergabe benutzt wird. Der ferne Osten ist auch die eigentliche Heimat der Frucht, die von den Füßen des Himalaya stammt und im 4. Jh. v. Chr. im Zeitalter Alexander des Großen nach Europa bzw. Griechenland kam, allerdings noch keine große Verbreitung erfuhr. Während die Griechen in der Antike die Zitronatzitronen wohl für ungenießbar hielten, sie aber z.B. aufgrund ihrer Säure als Brechmittel bei Vergiftungen nutzten, wussten die Römer die Früchte schon kulinarisch zu nutzen: Der im 1. Jh. v. Chr. aktive Schlemmer Apicius berichtete vom einer Sauce, bei der Zitronatzitronenschale, Minze und Fenchel benutzt wurden. Zur Verbreitung der Zitronatzitronen trug sicherlich auch die jüdische Migration nach der Eroberung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. bei, als Juden nach Spanien, Griechenland und Italien, dort insbesondere nach Kalabrien, übersiedelten und die Zitronatzitronen mitbrachten. Die Zitronatzitrone ist damit die historisch frühste Zitronensorte in Europa, denn die heute als Zitrone bezeichneten Früchte kamen erst im 9. Jh. n. Chr. ins Abendland.
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Juden brachten nicht nur die Zitronatzitronen nach Europa, sondern auch in der jüdischen Religion spielt die Zitronatzitrone im Rahmen des Laubhüttenfestes eine besondere Rolle. Als sogenannter Etrog gehört sie mit anderen Pflanzen zum rituellen Feststrauß. Auch heute noch werden hierfür von Juden aus aller Welt Zitronatzitronen nachgefragt, und zwar besonders solche der schon genannten Sorte Diamante aus Kalabrien. Die Früchte müssen ebenmäßig sein, dürfen keine Fehlstellen aufweisen und müssen von ungepropften Bäumen stammen. Für besonders gute Exemplare werden angeblich Stückpreise von bis zu 250 € bezahlt.[2]
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Die kulinarische Verwendung der Zitronatzitronen ist heute eng begrenzt. Dies jedoch nicht im negativen Sinne, denn um Speisen zu aromatisieren, ihnen eine saure Note zu geben, können wir heute -zig andere Zitronensorten nutzen und sind nicht mehr wie Apicius auf die Zitronatzitrone angewiesen. Insofern konzentriert sich die Nutzung der Früchte in der Küche auf sehr typische Anwendungen, bei denen sie ihre Besonderheit ausspielen können. Neben der Herstellung von Zitronat ist die Nutzung für Getränke zu nennen: vom einfachen oder mit Kohlensäure veredelten Zitronatzitronen-Wasser (Cedrata), eines besonders im heißen Sommer beliebten Erfrischungsgetränks, über Granite bis hin zu alkoholhaltigem Likör oder Crema. Daneben wird eine leckere Marmelade gekocht. Besonders die süßen Früchte einer sizilianischen, vozza vozza[3] genannten Sorte, deren Albedo zudem nicht bitter ist, eignet sich gut, um roh verspeist zu werden, weshalb man gern Insalata di cedri, eine Art Cedro-Carpaccio, damit macht, für das die Frucht in dünne Scheiben geschnitten wird, die mit Salz, Pfeffer, Zucker und Olivenöl mariniert werden. Dies geht auch mit den Früchten der Sorte Buddhas Hand.
Wer einmal die Chance hat, an einer der rot-weißen Zitronatzitronen-Blüten zu riechen, der darf sich glücklich schätzen, denn der Duft ist umwerfend! Überhaupt riecht eigentlich die ganze Pflanze, selbst das Holz hat einen leichten Duft. Und so verwundert es nicht, wenn auch die Parfümindustrie zu den Zitronatzitronen wegen deren ästherischen Ölen greift.
Informationen über Zitronatzitronen gibt es auch im Museo del Cedro in Santa Maria del Cedro (CS), wo man auch diverse Produkte auf Basis von Zitronatzitronen erstehen kann.
Alle auf Authentisch-Italienisch-Kochen.de veröffentlichten Rezepte, die Zitronatzitronen enthalten, findest du unter der Zutat Zitronatzitronen.
- Vgl. https://www.welt.de/reise/gallery111884123/Spurensuche-Woher-das-Zitronat-kommt.html (Letzter Zugriff: 04.08.2019)↵
- Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zitronatzitrone (Letzter Zugriff: 04.08.2019)↵
- Vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Citrus_medica sowie https://www.tuttogreen.it/cedro-proprieta-utilizzi/(Letzter Zugriff: 04.08.2019)↵
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 21. März 2024
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Liebe Frau Matta,
ich bin jedesmal begeistert und gleichzeitig sprachlos, dass es solche Menschen gibt, wie Sie. Die sich so viel Mühe und Arbeit machen um andere Menschen zu Informieren.
Vielen, vielen Dank!
Hallo Luci, das ist aber lieb. Solche netten Wort sind immer wieder Ansporn weiterzumachen. Und das Cedro-Porträt war nicht die einzige Veröffentlichung heute – auch das Schokoladen-Museum ist neu. LG
Ich finde es schade, dass sie als kulianrisch noch begrenzt verwendbar gewertet wird- ich selbst habe das Glück immer im Frühjahr Cedros von meinem Sizilianischem Biofrüchtehändler geliefert zu bekommen und habe schon einige Kreationen damit genossen: Cedro-Pesto-Aufstrich, Cedros gerieben mit Pasta und Spargel…. ich freue mich immer aufs neue damit zu kochen und zu arbeiten. Danke für diesen Artikel, der mir mehr Wissen über diese Frucht beschert hat.
Hallo Petra, hast du ein Glück: von einem sizilianischen Früchtehändler können wir nur träumen, und dazu noch “bio” … Lass dir die Cedri schmecken! LG Matta