Rosinen

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Rosinen? Ja, Rosinen! Gestolpert sind wir über das Thema bei unseren Vorbereitungen für das Ostermahl. Diesmal soll es nämlich Casatiello geben, eine dem Tortano ähnliche neapolitanische Ostertorte. Und dabei stießen wir auf die neapolitanische Redewendung Sì ‘nu casatiello cu l’uva passa (it.: Sei come un casatiello ripieno di uva passa). Auf Deutsch: Du bist wie eine mit Rosinen gefüllte Casatiello-Torte. Das heißt so viel wie: “Du bist ein ungehobelter, lästiger, unverdaulicher, langweiliger Mensch, fast wie ein Casatiello (der an sich schon ungehobelt ist, weil er zahlreiche Eier und Pinienkerne enthält, alles Dinge, die für viele unverdaulich sind), der durch die Rosinen noch unverdaulicher wird”.[1] Das erinnert ein wenig an den uns aus dem deutschen Sprachgebrauch bekannten Korinthenkacker[2] – ebenfalls lästig und langweilig, vor allem aber kleinlich oder pedantisch.

 

Rosinen sind also langweilig und unverdaulich? Wir fanden sie bislang keineswegs unverdaulich (vielleicht haben wir Pferdemägen?) und langweilig schon gar nicht. Im Gegenteil – ziemlich lecker und schön süß. Aber die Sache hat uns neugierig gemacht, zumal Rosinen in der italienischen Küche nicht nur bei Kuchen bzw. im Pasticceria-Bereich auftauchen, sondern auch in eher süß-salzigen Speisen und zudem so ziemlich die einzigen getrockneten Früchte sind, die in Italien überhaupt eine Rolle spielen. Während man in Deutschland verschiedenes Obst trocknet, kandiert man dieses in Italien gern und verarbeitet dann die canditi ggf. sogar noch weiter zu Mostarda di frutta.

 

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Was hat es also mit Rosinen in Italien auf sich? Zunächst ist festzustellen, dass der Rosinenkonsum in Italien nicht weiter auffällig ist und sich eher im unteren Bereich bewegt. Ganze 360 g Rosinen isst der Durchschnittsitaliener im Jahr. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland beträgt hingegen 800 g jährlich, und die größten Rosinenesser in Europa sind mit 2,46 kg die Holländer.[3] Dem geringen italienischen Rosinenverbrauch entspricht das Produktionsvolumen von ganzen 70 t im Jahr. Konsumiert werden allerdings doch schon 21.559 t, und die müssen fast vollständig eingeführt werden. Das verwundert auf den ersten Blick, ist Italien doch der viertgrößte Weintraubenanbauer der Welt. Stimmt, doch die Trauben werden vor allem zur Weinproduktion genutzt und in zweiter Linie auch als frisches Tafelobst verzehrt, doch eben nicht zur Rosinenproduktion benutzt. Anders ist die Situation hingegen in Griechenland, von wo 98 % der in der EU produzierten Rosinen stammen.[4]

 

Aber was sind nun eigentlich Rosinen? Das ist zunächst der Oberbegriff für getrocknete Weintrauben. Den Trauben wird durch Hitze Feuchtigkeit entzogen und diese auf 15 bis 20 % reduziert, was meist durch natürliches Trocknen in der Sonne geschieht, doch wer die eigene Ernährung selbst kontrollieren will, kann dies auch im Dörrautomaten selbst machen (angeblich dauert es bei 55 bis 60 ° ca. 12 Stunden – von uns ungetestet!). Parallel zum Entzug der Feuchtigkeit sinkt das Gewicht (es braucht vier bis fünf Kilo Trauben für ein Kilo Rosinen) und steigt der Fruchtzuckergehalt (auf gut 30 %) an, was die Rosinen so lecker süß macht. Neben dem nicht ganz so gesunden Zucker und den damit verbundenen lästigen Kalorien (314 kcal pro 100 g) enthalten Rosinen aber auch wirklich Gutes, nämlich u.a. Vitamin B3 und C sowie Ballaststoffe. Und natürlich den leckeren Geschmack, und der variiert von Sorte zu Sorte.

 

Rosinen Sultaninen
Sultaninen

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Weltweit werden verschiedenste Rosinensorten angebaut. In Europa begegnen uns aber eigentlich nur zwei bis drei Sorten. Da sind zunächst die Sultaninen. Das sind relativ große, kernlose und meist gold-braune, getrocknete Beeren. Dies ist gewissermaßen die Standard-Rosine, und diese meinen wir auch, wenn wir in unseren Rezepten Rosinen angeben. Die Namensgebung der Sultanine wird mal mit der Stadt Sultania (heute Sudak auf der Krim) in Verbindung gebracht,[5] mal soll sie zu Ehren eines türkischen Sultans so benannt worden sein.[6] Angebaut werden unterschiedliche Sultaninen-Sorten und Untersorten. Meist ist es heutzutage die Weintraube Thompson Seedless, die nicht nur hell, besonders süß und kernlos ist, sondern auch dünnhäutig ist, was dem Trocknungsprozess förderlich ist. Manchmal werden die Beeren vor dem Trocknen noch mit einer auch Olivenöl enthaltenden Mischung bespritzt, um die Haut noch durchlässiger zu machen und den Trocknungsprozess zu fördern, aber auch, um die Oxydation zu reduzieren, damit die Beeren schön hell bleiben. Die Farbe ist überhaupt weniger von der Sorte als vielmehr von der Art des Trocknens abhängig.

 

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Korinthen

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Als Sorte tatsächlich dunkler sind aber die Korinthen. Diese Trauben sind vergleichsweise klein, meist kernlos, farblich blau-schwarz und stammen von einer bestimmten Rebsorte, der Vitis vinifera L. var. Apyrena. Im Vergleich zu Sultaninen sind Korinthen etwas kräftiger im Geschmack. Ihren Namen haben sie von der griechischen Stadt Korinth, einem historischen Anbaugebiet der Traube. Manchmal werden diese Rosinen auch Zante genannt, nach einem Anbaugebiet auf der gleichnamigen griechischen Insel.

 

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Weintraubenanbau auf Pantelleria

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Traube zibibbo
Zibibbo-Traube
(Muscat d’Alexandrie)

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Schließlich gibt es noch eine kleine, aber feine Rosinensorte, die auch in Italien (in geringem Umfang) angebaut wird, nämlich die Zibibbo. Basis dieser Sorte ist eine Muskatellertraube namens Vitis vinifera subsp. vinifera bzw. Muscat d’Alexandrie, was auf die angenommene Herkunft aus Ägypten verweist, von wo aus die Trauben durch die Phönizier ihren Weg nach Sizilien fanden. Sizilien und insbesondere die Insel Pantelleria ist denn auch heute das italienische Anbaugebiet der sonnenhungrigen Muskateller-Trauben, die im Gegensatz zu den vorgenannten Rosinensorten nicht gepflückt werden und dann trocknen, sondern direkt am Rebstock trocknen. Allerdings stehen die Chancen, Zibibbo-Rosinen zu ergattern, schlecht, denn die kernhaltigen Trauben werden meist gleich zu Trockenbeerenauslese-Weinen verarbeitet, etwa dem Moscato di Panelleria DOC oder dem Passito di Pantelleria DOC. Die Zibibbo-Rebe Pantellerias ist übrigens 2014 auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden.[7]

 

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Industrielle Rosinenverarbeitung

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Was die Haltbarkeit von Rosinen anbelangt, wird diese oft schon während der Produktion gefördert, und zwar durch das Schwefeln der Trauben, das zudem die Rosinen heller und ansehnlicher macht. Das Schwefeln muss beim Verkauf, etwa auf der Packung, angegeben werden, sofern mehr als 10 mg Sulfit pro kg zugesetzt werden. Das ist gesundheitlich unbedenklich, kann aber für manche Allergiker und Asthmatiker ein Problem sein. Ungeschwefelt ist ist insofern die sichere Variante, zumal beim Schwefeln manche Inhaltsstoffe wie Vitamin B1 zerstört werden und die positiven Auswirkungen des Schwefelns auf die Haltbarkeit heutzutage eher gering sind. Sind die Rosinen bereits gekauft, sollten sie (wie alle Lebensmittel) nicht zu lange lagern, und dies am besten kühl und trocken in einem verschließbaren Gefäß.

 

Auch bei näherer Beschäftigung mit dem Thema sind wir nicht zu dem Schluss gekommen, dass Rosinen langweilig und unverdaulich sind. Im Gegenteil: Dort, wo sie passen, sind Rosinen sehr lecker. Und wo man sie mag, muss jeder für sich selbst entscheiden – da muss man sozusagen für sich selbst die besten Rosinen herauspicken (und wir geben zu, dass uns diese deutsche Redensart besser als die eingangs zitierte italienische Wendung gefällt). Welche Rosinen Matta sich herauspickt, könnt ihr übrigens unter Mattas Lieblings-Rezepte sehen 😉 .

 

Alle auf Authentisch-Italienisch-Kochen.de veröffentlichten Rezepte, die Rosinen enthalten, findest du unter der Zutat Rosinen.

 

 

 

Fußnoten    (↵ zurück zum Text; ggf. geschlossenen Text zunächst öffnen)

  1. https://www.napolitoday.it/cultura/si-nu-castiello-cu-l-uva-passa.html (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  2. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Korinthenkacker (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  3. Datenbank der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), Daten von 2021 (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  4. OIV: Situation et statistiques du secteur vitivinicole mondial en 2005, Daten von 2005 (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  5. Vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Uva_passa (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  6. Vgl. https://www.jalalldor.de/blog/was-ist-der-unterschied-zwischen-rosinen-und-sultaninen (Letzter Zugriff: 09.02.24)
  7. Vgl. La Repubblica v. 26.11.14 (Letzter Zugriff: 09.02.24)

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 12. Februar 2024
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