Trippa – Kutteln

Gerichte aus Kuh-Magen (it.: trippa) sind sicherlich nicht jedermanns Sache, doch in vielen Regionen Italiens gehören sie zu den beliebtesten traditionellen Fleischgerichten. Besonders Florenz gilt als Kuttel-Hochburg. Trippa ist aber mehr als nur Kutteln, denn bekanntlich hat die Kuh vier Mägen, und auch die anderen drei werden gerne verspeist.

 

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Trippa auf einem Markt in Florenz

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Trippa gehört zum klassischen Quinto quarto, den Innereien, die früher einen wesentlichen Teil der italienischen Fleischküche ausmachten. Früher war der Samstag der Tag der Woche, an dem es regelmäßig Trippa gab. Wenn auch der Konsum auch in Italien in den letzten Jahrzehnten rückläufig ist, so gilt Trippa immer noch als eines der Highlights der Fleischküche der cucina povera. Und der Konsum scheint angesichts ökonomischer Krise einerseits und dem relativ niedrigen Verkaufspreis von Trippa andererseits wieder zuzunehmen, wenn man der Zeitschrift “Il Sole 24 ore” Glauben schenken mag.[1]

 

Zum Verständnis der verschiedenen Trippa-Varianten müssen wir uns zunächst den Magen von Wiederkäuern vergegenwärtigen. Kühe sind bekanntlich Wiederkäuer, d.h. sie kauen ihre Pflanzennahrung mehrmals. Die Nahrung wechselt dabei zwischen den vier Mägen von einem zum anderen bzw. wieder zurück in den Mund, wo eben das Wiederkäuen stattfindet.[2] Dieses Hin-und-her gestattet eine optimale Verwertung des Futters. Die an diesem komplizierten Prozess beteiligten Mägen sind zunächst der Pansen (it.: rumine, crociera, croce, crocetta), kulinarisch Kutteln genannt. In ihn erfolgt die Erstaufnahme über die Speiseröhre. Es folgen dann der Netzmagen (it.: reticolo, cuffia), der Blättermagen (it.: omaso, centopelle) und schließlich der Labmagen (it.: abomaso, lampredotto), aus dem die zerkleinerte Nahrung dann in den Darm übergeht. Die ersten beiden Mägen werden in Italien meist unter dem Begriff Trippa zusammengefasst[3], und in den meisten Regionen Italiens verspeist man nur diese ersten beiden oder allenfalls die ersten drei Mägen. Doch in der Lombardei und in der Toskana gilt besonders der vierte Magen, der Labmagen, als Delikatesse, der in Florenz (besonders um den Markt von San Lorenzo) als Lampredotto in panino gerne als Streetfood als Zwischenmahlzeit (spuntino) gegessen wird.

 

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Kutteln (links), Netzmagen (oben rechts), Blättermagen (unten rechts)

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Von diesem kulinarischen Angebot an verschiedenen Mägen können wir allerdings in Deutschland nur träumen, denn hierzulande wird man allenfalls Kutteln bekommen, und auch das nur mit viel Glück und auf Vorbestellung, wobei die Chancen in Süddeutschland mit einer stärkeren Kuttel-Tradition besser sind als im Norden. In jedem Fall sollte die Trippa vom Metzger gut vorbehandelt sein, denn sie roh zu verkaufen ist (auch in Italien) verboten. Zunächst muss sie sehr sorgfältig gewaschen werden, auch zwischen den Falten. Andererseits darf auch nicht zu viel gewaschen werden, denn dann werden die Kutteln verwässert und das geht auf Kosten des Geschmacks – der Metzger weiß genau wie lange. Das Waschen ist jedoch nur ein Teil der Vorbehandlung. Außerdem muss noch entfettet und vor allem vorgekocht werden, was je nach Alter des Tiers (Kalb oder Rind) vier bis sechs Stunden dauert. Dann erfolgt das Abkühlen unter fließendem Wasser. Je nach Verwendungszweck wird die Trippa dann in schmalere (Streichholzdurchmesser) oder breitere (ca. 1 cm) Streifen geschnitten. Der Geschmack der verschiedenen Mägen ist ein sehr feiner, was erklärt, dass bei den meisten Gerichten auf starke Gewürze verzichtet wird, denn diese würden sonst das Armoma überdecken.

 

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Tripperia in Neapel

 

Trippa ist ein gesamtitalienisches Phänomen. Besonders beliebt scheinen die Kutteln allerdings in der Toskana zu sein. Unter den bekanntesten Gerichten rangiert die Trippa alla fiorentina ganz vorn. Auf der Basis eines Soffritto aus Staudensellerie, Möhre und Zwiebel werden die Kutteln mit etwas Tomaten geschmort. Aber in der trippa-begeisterten Toskana gibt es noch mehr lokale Zubereitungsvarianten: z.B. in Livorno lässt man für die Trippa alla livornese das Soffritto weg und nimmt stattdessen Knoblauch und Petersilie. Oder in der Nachbarstadt Pisa benutzt man für die Trippa alla pisana sowohl Soffritto als auch Knoblauch und Petersilie und fügt noch etwas weitere Kräuter und vor allem Weißwein und Pancetta hinzu. In dem in der Provinz Siena gelegenen Städtchen Montalcino kocht man hingegen die Trippa allo zafferano in Rinderbrühe und armomatisiert mit Peperoncino, Nelken und Safran. In der Provinzhauptstadt Siena selbst schätzt man für die Trippa alla senese Soffritto und Wein. Besonders ist aber, dass man aus der Haut gelassene, klein gehackte Salsicce hinzufügt und vor allem keinen Pansen, sondern Netzmagen und Blättermagen (also den zweiten und dritten Magen) benutzt. Letzterer ist auch die Hauptzutat für die toskanische Minestra di centopelle, eine Suppe aus Blättermagen, Soffritto, Wirsing, Pancetta, Tomaten und Thymian. Der vierte Kuhmagen, der Labmagen, wird, wie schon oben angedeutet, besonders in Florenz geschätzt und dort – gekocht in Staudensellerie, Petersilie, Zwiebeln und Tomaten – als Brötchenbelag (meist von einer grünen Sauce begleitet) als Streetfood unter dem Namen Lampredotto in panino angeboten.

 

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Lampredotto in panino

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Auch außerhalb der Toskana werden Trippa und Co. sehr geschätzt. Um noch ein paar prominente Gerichte zu nennen: In Rom kocht man bspw. die Trippa alla romana mit Kutteln, Tomaten und frischer Minze, in Mailand hingegen die Trippa alla milanese aus Blättermagen und Labmagen und serviert sie zusammen mit Feuerbohnen (Phaseolus coccineus). Bekannter noch ist die mailänder Buseca, eine Suppe, die mit Kutteln, Soffritto, Speck und Salbei oder Lorbeer gekocht wird. Kutteln und Schweinemägen werden benutzt zur Herstellung der Trippa di Moncalieri (TO), wobei diese bekannte piemontesische Wurst PAT-Status hat.

 

Trippa di Moncalieri
Trippa di Moncalieri

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Alle auf Authentisch-Italienisch-Kochen.de veröffentlichten Rezepte, die Kutteln enthalten, findest du unter der Zutat Kutteln.

 

 

Fußnoten    (↵ zurück zum Text; ggf. geschlossenen Text zunächst öffnen)

  1. Vgl. Carlo Andrea Finotto: La cucina ai tempi della crisi: torna la trippa che sconfisse la peste, in: Il sole 24 ore vom 19.01.2016 (Letzter Zugriff: 23.05.20)
  2. Dieser Prozess ist anschaulich detailliert in Wikipedia beschrieben. (Letzter Zugriff: 22.05.20)
  3. Mitunter meint der Begriff trippa jedoch auch die Gesamtheit der vier Mägen. Weitere (regionale) Bezeichnungen für die vier verschiedenen Kuhmägen finden sich im Aufsatz Evoluzione della trippa e suo consumo unter Tabelle 2 bzw. in einer Aufstellung der Accademia della Trippa (Letzter Zugriff: 23.05.20)

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
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